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Kultur: Virtuoser Spielwitz

Musikfestspiele: Südländisches Flair mit dem „L''Astree“-Ensemble im Schlosstheater

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Musikfestspiele: Südländisches Flair mit dem „L''Astree“-Ensemble im Schlosstheater Schlachtenlärm lässt sich ganz vortrefflich in Musik setzen. Unter Trompetengeschmetter marschieren Heerscharen auf, blasen sich gegenseitig den Marsch, schlagen kräftig die Pauke und aufeinander ein. Man beklagt die Gefallenen, dann feiert einer den Sieg über den anderen. In solcher Schilderung musikalischen Kampfgetümmels sind die Barockmeister wahre Könner. Wie beispielsweise Andrea Falconieri (um 1585-1656) in seiner fröhlichen „Batalla de Barabasso y Satanas“. Dabei stehen sich zwei Violinen (Francesco D''Orazio, Alessandro Tampieri) sozusagen als Kontrahenten gegenüber, suchen einander mit strahlenden Floskeln auszustechen. Akzentuierte Unterstützung erfahren sie von den weiteren Mitgliedern des italienischen Ensembles „L''Astree“, die, berstend vor Musizierfreude und exzellenter Musikalität, bei ihrem thematisch gestalteten Konzert „Battaglie e follie“ die Gestirne des barocken Klanghimmels zum Funkeln, Leuchten und Glitzern bringen. Kaum ist die erste (Klang-)Schlacht auf der Bühne des Schlosstheaters erfolgreich geschlagen, stürzen sie sich mit nicht weniger Eifer in das variationenreiche Falconierische Tanzvergnügen „Folias echa para mi Senora Dona Tarolilla de Carallenos“. Bei einer Folia handelt es sich um einen rhythmisch wilden Volkstanz aus dem Portugal des 15. Jahrhunderts, bei dem verkleidete Knaben auf den Schultern von Männern getragen wurden. Herrlich unangestrengt, vibratolos (dadurch ein wenig schärflich klingend) und mit „ziehenden“ Tonfolgen nicht sparend, tollt das Possenspiel vorüber. Was man hörend nicht erkennt: beide Stücke gehen, durch ein präludierendes Cembalo verklammert, nahtlos ineinander über. Die abgedruckte Stückfolge macht darauf nicht aufmerksam. Das bringt den Hörer in arge Verwirrung, bei welchem Komponisten man denn nun gerade angelangt sei. Positiv gesehen spricht es jedoch für die Musiker, die forsch und frisch die Stücke durcheilen, zu kleinen Genreszenen verbinden, Pausen oder Zäsuren kaum kennen. Das sorgt für beeindruckende Abwechslung und Schwung. Beispielsweise in der temporeichen Sonata G-Dur für zwei Violinen und Basso continuo von Antonio Vivaldi, die mit leicht „wahnsinnigen“ Floskeln, harmonischen Extravaganzen und virtuosem Spielwitz nicht geizt. In einen delirienähnlichen Zustand gerät man in seiner gleichbesetzten d-Moll-Sonata „La Follia“, die dem Konzert mit seinem südländischen Flair gleichsam das Sahnehäubchen aufsetzt. Doch man findet sich auch bei der „gezähmten“, artifiziellen Tanz-Variante gut aufgehoben und unterhalten. Den Solopart in der d-Moll-Sonata „Follia con variazioni“ von Arcangelo Corelli spielt Francesco D''Orazio mit jener virtuosen Attitüde, die auch an einen erotisch-kriegerischen Kampf denken ließe. In wechselnden Continuo-Besetzungen spielend, begeistert das Ensemble weiterhin in Stücken von Marco Uccellini und Francesco Rognoni mit intonationssauberem Klang, vorzüglichem Geschmack, glanzvollem und geschmeidigem Ton. Nach dem vitalen Vivaldischen Follia-Finale brandet Bravojubel auf, den das Ensemble mit einer Corelli-Ciaconna und einem Vivaldi-Allegro dankt. Peter Buske

Peter Buske

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