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Kultur: Vision gefragt

Stiftungskonservatorin über Welterbe-Umgang

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Eine „Vision“ für die Stadtentwicklung Potsdams fordert Gabriele Horn, die Konservatorin der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Visionen, wie sie die Preußenkönige Friedrich II.und Friedrich Wilhelm IV. erdacht und mit Leidenschaft umgesetzt hatten. Davon sei heute in Potsdam wenig zu erkennen, erklärte sie mit Hinweis auf Bebauungspläne für die Berliner Vorstadt und Einfamilienhaussiedlungen am Stadtrand.

Die Konservatorin sprach in der URANIA zum Thema „Weltkulturerbe in Potsdam? Was unsere Stadt auszeichnet und verpflichtet“. Aus ihrer Sicht könnte eine solche Vision von der Bewahrung der Berlin-Potsdamer Kulturlandschaft negative Entwicklungen abwenden, die rechtlich nicht zu verhindern sind. Der Status der Schlösser und Gärten als Welterbe habe in Deutschland im Gegensatz beispielsweise zu Polen keine juristische Dimension. Er unterliege vielmehr dem brandenburgischen Denkmalrecht, aber auch dem Baurecht.

In der Umbruchzeit Anfang der 90er Jahre hatte die Stadt zu Lasten des Welterbes u.a. für das Bahnhofscenter und die Stadtvillen am Glienicker Horn Baurecht eingeräumt und war Rechtsverbindlichkeiten eingegangen, die ihr heute auf die Füße fallen, beispielsweise bei der Bebauung des Gartens der Villa Schöningen. Gabriele Horn geht davon aus, dass nicht all diese Fehler zu korrigieren sind, die Stadt aber ihre politischen und rechtlichen Möglichkeiten konsequenter nutzen könnte. Zudem müssten die Bemühungen verstärkt werden, so wie in Dresden den Bürgerstolz auf das Welterbe zu wecken und zu stärken. In Potsdam gebe es zahlreiche in UNESCO-Projekte eingebundene Schulen, die Schlösser und Gärten spielten dabei aber kaum eine Rolle. Kinder könnten jedoch zu Multiplitkatoren für ein neues Verständnis über den Schutz des Potsdamer Welterbes werden. Die Marketing-Chefin der Stadtverwaltung, Sigrid Sommer, verwies in diesem Zusammenhang auf die erstmalige Teilnahme Potsdams am Welterbetag (4. Juni), dessen Veranstaltungen die Russische Kolonie Alexandrowka und den Pfingstberg in den Mittelpunkt stellen. Außerdem hat die Stadt eine Bürgerbroschüre über die Potsdamer und Berliner Welterbestätten herausgeben.

Ein neues Verständnis für den Denkmalschutz der Schlösser und Gärten und ihrer Umgebung sei um so dringlicher, als das Pariser Welterbezentrum der UNESCO jetzt wesentlich schärfere Maßstäbe anlege als noch 1995, erklärte Gabriele Horn. Damals war Potsdam trotz der Verstöße gegen die Konvention nicht auf die Rote Liste gefährdeter Welterbedenkmale gesetzt worden. Dies sei im Wiederholungsfall nicht wieder zu erwarten.

Übrigen steht Potsdams Umgang mit den Welterbestätten ständig unter Beobachtung. Dafür sind zwei deutsche „Monitoren" zuständig, der Hesse Thomas Ludwig und der Dessau-Wörlitzer Ludwig Trauzettel. Wird eine Gefährdung signalisiert, schickt auch das Welterbezentrum Paris schon mal einen Kotrolleur, so 1995 den Holländer Erik de Jong. Alle fünf Jahre findet turnusmäßig ein solches Monitoring statt.

Als auf Antrag der DDR 1989 die Schlösser und Gärten (einschließlich des Westberliner Teils) auf die Welterbeliste gesetzt wurden, erhielten sie die Signatur 532 C, außerdem die Ziffern I, II und IV. C steht für Bau- und Gartendenkmale, I für überragende künstlerische Bedeutung, II für prägende Einflüsse auf die Kunstgeschichte und IV für die Verbindung mit welthistorischen Ereignissen. Bei einer Neuklassifizierung würde wahrscheinlich NC vergeben, wobei N das Naturerbe kennzeichnet. Inzwischen werden auch Kulturlandschaften, wofür der durch Lenné gestaltete Berlin-Potsdamer Raum ein herausragendes Beispiel darstellt, in die Welterbeliste einbezogen. Gabriele Horn räumte mit Spekulationen auf, Potdam könne aus dem von den Mitgliedsstaaten bestückten Welterbefonds Zuwendungen erhalten, so für die Restaurierung des Neuen Palais. Diese Mittel seien ausschließlich für Stätten in armen Ländern bestimmt, und dazu zähle Deutschland nicht. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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