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Kultur: Vive la France!

Orgelsommer-Finale mit Matthias Jacob in der Friedenskirche Sanssouci

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Orgelsommer-Finale mit Matthias Jacob in der Friedenskirche Sanssouci Majestät geruhten zur letzten Orgelsommer-Audienz in die Friedenskirche zu laden, wo „Lordschatzkanzler" Matthias Jacob nochmals seines saisonsommerlichen Amtes waltete. Nicht allein als Organisator und künstlerischer Leiter dieses verdienstvollen, die Potsdamer Orgellandschaft in hellstes Licht rückende Festivals, sondern als ausübender Künstler. Gleichsam im Schnelldurchlauf führt er dabei vor, wer zu den Favoriten der Königin gehört. Bach ist nicht darunter. Jedenfalls nicht Vater Johann Sebastian, sondern nur Sohn Carl Philipp Emanuel. Doch dessen Fantasie und Fuge c-Moll dient nur als Einspielstück, um Finger und Füße in Bewegung zu bringen. Etwas kompakt wird erstere registriert, filigran und eleganter wirkt letztere. Romantik und Moderne sind''s, die der Woehl-Orgel weitaus besser liegen. Bei Cesar Francks „Choral pour Grand Orgue“ kommt nicht nur sie ins Schwärmen. Mit frankophonen Zungenstimmen mag sie gern prunken, um sich ganz von ihrer schwebend-verhangenen Seite zu zeigen. Wenn dann noch das Schwellwerk in Aktion tritt Für dynamische Abwechslung sorgt Jacob, als er zwischenzeitlich ins volle, principalscharf klingende Orgelwerk greift. Doch statt in einem hymnischen Finale zu enden, verschafft sich der Choral einen leisen Abgang. Im scharfen Kontrast dazu stehen die zerklüfteten, dissonanzengeschüttelten „Tre Visioni“ von Gerhard Rosenfeld (1931-2003), die sich als ruhig bis lebhaft vorzutragende Traumbilder entpuppen. Dabei wird ein zartgliedriges Diskantstimmengeflecht (aus mehrfachen Mixturen und prägnanten Soloregistern gemischt) von kräftigem Pedal grundiert. Auffallend zügig, voluminös, kontrastbetont und kurz phrasiert spielt Matthias Jacob die f-Moll-Sonate op. 65 Nr. 1 von Felix Mendelssohn Bartholdy, wohl um dem vielstimmigen Konzertsatz so viel Abwechslung und Lebendigkeit wie möglich zu verleihen. Im Finale dann brilliert er mit aller erdenklichen virtuosen Manier. Solcher finalen Emphase sind auch in der Sonate c-Moll (Der 94. Psalm) des Liszt-Schülers Julius Reubke (1834-1858) keine Grenzen gesetzt, die Jacob anstelle der Regerschen Choralphantasie „Wie schön leucht'' uns der Morgenstern“ auf das Programm gesetzt hat. Mit leidenschaftlicher, geradewegs operntheatralischer Intensität breitet sich das eng am Text entlang komponierte Werk aus. Wo von Gewalttaten der Gottlosen berichtet wird, geht es auch Allegro con fuoco zu; wo Tröstungen erfleht werden (Adagio), ertönen weiche Flötenstimmen. Jacob weiß, was er spielt! Im Anschluss an das heftig akklamierte Konzert wird zu einer Orgelführung geladen. Derer erinnert man sich leider erst gegen Ende des Orgelsommers. Das lässt sich für''s nächste Jahr sicherlich wieder früher einplanen. Wesentlich schwerer wird es dagegen sein, das diesjährige Exquisitniveau zu halten bzw. zu überbieten. Zur Einstimmung auf die zwölf Konzerte des Orgelsommers gab es mit dem Auftritt der französischen Organistin Marie-Claire Alain (im Zusammenwirken mit den Musikfestspielen) sogleich einen kaum zu überbietenden Höhepunkt. Doch Französisches war nicht nur bei ihr programmbestimmend. Die Werke des Bruders Jehan A. fanden sich genauso in den Programmen anderer Organisten wieder, genauso wie Stücke von Cesar Franck, Francois Couperin, Charles-Marie Widor Kurzum: Die Franzosen waren in der Offensive, zum Teil mit ausschließlich heimatlichen Offerten. Zweimal trat ihnen die unvermischte Bach-Hommage gegenüber. Interessante Vergleiche gleicher Werke (Liszts „Präludium und Fuge über B-a-c-h“, Durufles „Prelude et Fuge sur le nom d''Alain“) sorgten genauso für Beachtung wie die Aufführung von vier (der sechs) Orgelsonaten von Mendelssohn Bartholdy. Keine leichte Aufgabe für den „Lord-Schatzkanzler“, dem Hoch 2005 ein weiteres folgen zu lassen. Dann vielleicht auch an weiteren Orten der abwechslungsreicher gewordenen Potsdamer Orgellandschaft?! Peter Buske

Peter Buske

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