Kultur: Volle Pulle Thalia-Filmgespräch zu „Ein Freund von mir“
Der Film „Ein Freund von mir“ des Regisseurs Sebastian Schippert hat es schon ins Guinness-Buch geschafft. Und das nicht wegen der „Superstars von Deutschland“, wie ein anwesender Filmfreund die beiden Hauptdarsteller Jürgen Vogel und Daniel Brühl nannte.
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Der Film „Ein Freund von mir“ des Regisseurs Sebastian Schippert hat es schon ins Guinness-Buch geschafft. Und das nicht wegen der „Superstars von Deutschland“, wie ein anwesender Filmfreund die beiden Hauptdarsteller Jürgen Vogel und Daniel Brühl nannte.
Nach dem Filmstart im großen Thalia-Saal am Donnerstag berichtet Schippert, der mit seinem Produzenten Sebastian Zühr gekommen war, wieso sie sich die irrwitzige Aufgabe stellten, an einem Abend so viele Filmpremieren in unterschiedlichen Städten wie möglich zu besuchen. „Weil Hans dazu Bock gehabt hätte“, sagt Schippert. Hans, der von Jürgen Vogel gespielt wird, lebt eben „volle Pulle“. Ein Wahnsinniger, ein Verrückter, nennt Schippert den im Film allzeit aufgedrehten Typen, der den stillen Karl (Daniel Brühl) erst gehörig nervt und dann doch irgendwie aus seiner Tristesse herausholt. Dieser Hans ist ein großes Kind, das die „Schönheit der Geschwindigkeit“ bewundert. Die großen, teuren Autos der Autovermietung, bei der er arbeitet, kommen gerade recht. Gas geben, nackt Porsche fahren. Spaß haben. Und glücklich sein.
Karl ist das nicht. Der Regisseur vergleicht Karl mit einem Brief in der Maschinerie eines Briefverteilzentrums. Irgendwann ist er in sein kleines Fach geworfen worden. „Er hat im Leben alles richtig gemacht, er hat nie die Schule geschwänzt“, sagt Schippert über die von Daniel Brühl großartig minimalistisch gespielte Figur des jungen Versicherungsmathematikers. „Nicht, weil er spießig ist, sondern weil er es einfach gut fand.“
Nun trifft die Stille Brühls auf das Rowdytum eines brillant aufgelegten Jürgen Vogel. „Ich wollte beides“, so Schippert, „einen Film über das Stillhalten, das Haltsuchen eines Menschen so wie Karl“ und „volle Pulle einen Bock-Film machen.“ Rasante Autos, Witze, Großstadtabenteuer. Doch die Bilder des Films, die mit eher getragener Musik unterlegt sind, bleiben die des in sich gekehrten, „klemmigen“ Karls. Die Einstellungen, so Schippert, „seien so klar wie eine Matheaufgabe.“ Das macht den großen, visuellen Reiz des Films aus.
„Ein Freund von mir“ ist nach gefeierten „Absolute Giganten“ von 1999 erst Schipperts zweiter Film. Vor sechs Jahren hat er sich mit Produzent Zühr an einer Currywurstbude verabredet, gemeinsam zu drehen. Nun hat man die Bude wieder besucht, um das erreichte Ziel zu feiern. Für die Superstars Vogel und Brühl, der – entgegen seiner Rolle – „einer der lustigsten Menschen“ sei, die Schippert kenne, machte die Zusammenarbeit gleichsam „Bock und jobmäßig Sinn“. Ein mitreißender Schauspielerfilm, in der kleine Gesten und Blicke Worte durch unergründliche Tiefe ersetzen. Schippert und Zühr haben mit ihrem Rekord Hollywood schlagen können, sechs Premieren in fünf Städten. Will Smith war der Rekordhalter, kam aber nur auf drei an einem Abend. Auch ihr Film kann das meiste, was derzeit aus der amerikanischen Traumfabrik kommt, überflügeln. Matthias Hassenpflug
Matthias Hassenpflug
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