Kultur: Voller Lust und Leidenschaft
Andreas Zachers Orgelkonzert in St. Peter und Paul
Stand:
Andreas Zachers Orgelkonzert in St. Peter und Paul „eodem, den 6. November, ist der bisherige Concert-Meister und Hof-Organist Bach wegen seiner halßstarrigen Bezeügung und zu erzwingender Dimission auf der LandRichter-Stube arretiret“, verkünden die Akten anno 1717 aus Weimar. Anfang Dezember selbigen Jahres wird der 32-jährige Johann Sebastian Bach „mit angezeigter Ungnade“ aus dem Dienstverhältnis bei den Herzögen Wilhelm Ernst und Ernst August von Sachsen-Weimar entlassen, das er seit 1708 innehat. Von Weimar aus drang sein Ruf als Organist über die Grenzen Thüringens hinaus, hier entdeckt er die italienische Konzertform, transkribiert er die Concerti der Meister Corelli, Torelli, Albinoni, Vivaldi Erbprinz Johann Ernst ist davon begeistert. Noch mehr, als Bach eines seiner Violinkonzerte für Orgel (G-Dur BV 592) bearbeitet. Mit ihr beginnt Kantor Andreas Zacher den Orgelabend in „seiner“ Propsteikirche St. Peter und Paul auf dem Bassinplatz. Auf dem Konzertprogramm stehen ausschließlich Werke aus Bachs Weimarer Zeit. Diesem verspielten Stück verleiht der Organist ein überaus glanzvolles Gepräge. Im Grave-Satz erhält der Tremulant viel zu tun, im Presto ist''s das volle Orgelwerk, dessen strahlende und festliche Klänge den gut besuchten Kirchenraum erfüllen. Nicht weniger einprägsam spielt er die c-Moll-Fuge BWV 574, die auf einem schlichten Thema von Giovanni Legrenzi (1626-1690) basiert. Überschaubar ist mitzuverfolgen, wie nach und nach Stimmen hinzutreten, ganz langsam sich ein Crescendo entwickelt, das schließlich in ein virtuoses Finale mündet. Andreas Zacher versteht seinen Bach genau zu lesen - auch was zwischen oder hinter den Zeilen steht. In vier Choralbearbeitungen aus Bachs „Orgelbüchlein“ ist davon reichlich zu vernehmen. Bachs affektnahen Ausdeutungen der Textinhalte gibt er sich mit Lust und Leidenschaft hin. Freudig und erwartungsfroh deutet er im organo pleno das „Herr Jesu Christ, dich zu uns wend“ BWV 632 aus, bittend und tremulantbebend „Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ“ BWV 639, intensiv das „Wenn wir in höchsten Nöten sein“ BWV 641, filigran-verspielt „Herr Gott, nun schleus den Himmel auf“ BWV 617. Auch kleine Dinge können die Seele entzücken - wie gleichfalls das flötenreich registrierte und pastorale Lieblichkeit ausstrahlende G-Dur-Trio BWV 586 (nach Telemann). Das im Mittelpunkt des Programms stehende Präludium und Fuge a-Moll BWV 543 hüllt Andreas Zacher in ein helles, durchsichtiges, die Lauffreude nicht behinderndes Klanggewand. Lebendig artikuliert er die Fuge. Eine mehr als fröhlich stimmende Bekanntschaft. Zum krönenden Abschluss gerät Toccata, Adagio und Fuge C-Dur BWV 564, mit allen Zutaten bachhehrer Spielkunst versehen. Dabei ist des Organisten virtuose Pedalarbeit zu bewundern, die silbrig schimmernde Adagio-Besänftigung durch Zungenstimmen, der Glanz der tänzerisch beschwingten, principal-strahlenden Fuge. Freudig wie ein Held zum Siegen zieht sie vorüber, das volle Werk und die Hörer ergreifend.
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