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Kultur: Vom Drama bis zur Revue

Heidi Jäger

Stand:

Mehrmals schon sollte das Hans Otto Theater ein neues Haus erhalten. Aber immer wieder wurde ein Neubau verschoben, kurz nach der Wende der Rohbau des Theaters sogar abgerissen, weil dieser „am falschen Platz“ stand. Am 22. September ist es soweit: Am Havelufer in der Schiffbauergasse wird sich der Vorhang im neuen Haus öffnen. In unserer Serie wollen wir an die vergangenen Jahrzehnte des Theaters erinnern, an Künstler auf der Bühne, dahinter und davor, an Schauspiel- und Musiktheaterereignisse, an Episoden aus dem Theaterleben Potsdams.

HEUTE: Rita Feldmeier

Man meint sie genau zu kennen und ist doch immer wieder überrascht. Rita Feldmeier weiß durch ihre enorme Wandlungsfähigkeit und Ausdruckskraft das Potsdamer Publikum auch nach nunmehr 30 Jahren auf neue Wege mitzunehmen. Ihr jüngster Erfolgs-Coup gelang ihr, als sie in die Tiefen der Seele hinabstieg. Sie versuchte sich, in eine Frau aus bestem Hause hineinzuversetzen, die sich unausgefüllt in den Sumpf des Heroins ziehen lässt. Der Monolog „Welche Droge passt zu mir?“ zeigte einmal mehr, dass schauspielerisches Einfühlungsvermögen zutiefst berühren kann, wenn es sich an menschlichen Konflikten reibt und im Leben verankert ist.

Rita Feldmeier hat keine Bange, eine Bühne ganz allein auszufüllen. Ihre „Lola Blau“ und „Marlene“ wurden zum Publikumsrenner, weil die Schauspielerin eben auch eine gute Sängerin ist und beide Trümpfe souverän auszuspielen versteht.

Obwohl so vielfach beschlagen, durfte sie erst relativ spät mit den ganz großen Rollen durchstarten. In ihren ersten Potsdamer Jahren, die nach der Hochschulausbildung in ihrer Heimatstadt Rostock und einem dreijährigen Engagement am dortigen Stadttheater begannen, waren es Inszenierungen wie „Ingeborg“ (die 50 mal gespielt wurde), „Drei Schwestern“ oder „Guten Morgen du Schöne“, an die sie sich gern erinnert. Rita Feldmeier spielte querbeet, was Regisseure ihr anvertrauten. Doch lange Zeit spielte sie eben nur die zweite Geige.

Große klassische Rollen wie die Julia oder Ophelia blieben ihr als junge Schauspielerin versagt. Erst mit dem Einzug des Intendanten Stephan Märki Anfang der 90er Jahre wurde ihr Talent richtig erkannt, konnte sie zeigen, was tatsächlich in ihr steckt. Inszenierungen wie „Medea“ waren Balsam für die Seele und für ihr angeknacksten Selbstbewusstsein.

Doch das liegt lange zurück. Als ihr 2002 der Theaterpreis des Fördervereins überreicht wurde, konnte man auf eine Vielzahl herausragender Theaterabende verweisen, die sie entscheidend mit ausgefüllt hatte. Sie spielte die Elisabeth in Schillers „Don Karlos“, die Königin Gertrud in Shakespeares „Hamlet“ und gleich mehrfach in der „Dreigroschenoper“. So wie sie unter Märki aufzublühen begann, konnte sie sich auch unter dem Intendanten Ralf-Günter Krolkiewicz und jetzt unter Uwe Eric Laufenberg weiter entfalten. Als Erzählerin in Tolstois „Krieg und Frieden“ wusste sie mit sprachlicher Brillanz zu überzeugen, in „Frau Jenny Treibel“ spielte sie – alternierend zu Katharina Thalbach – eine mit allen Wassern gewaschene Aufsteigerin. In dem Märchen „Zwerg Nase“ begeisterte sie nicht nur die Kinder in einer Doppelrolle: als verzweifelte Mutter und als herzerfrischende Küchenmeisterin Rosel. Rita Feldmeier bestellt die verschiedensten Felder: beackert das dramatische Fach ebenso wie die leichtfüßige Revue.

Sicher wird sie es als eine Krönung ihres facettenreichen Schauspielerlebens empfinden, dass sie nun nach all“ den durchlebten und durchlittenen Provisorien in einem richtigen Theaterhaus angekommen ist. Und natürlich ist sie auch in dem Premierenreigen zur Eröffnung mit dabei: als Sittah in Lessings „Nathan der Weise“.

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