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Von Richard Rabensaat: Vom Erhabenen zur Geometrie

Vier Künstler betrachten mit neuem Blick alte Malereigenres

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Aus einem jeweils ganz eigenen Blickwinkel untersuchen Sven Drühl, Catalina Pabón, Tanja Rochelmeyer und Jens Wolf Variationen zu Landschaft und Raum in der aktuellen Ausstellung „Mixed“ in den Galerieräumen des Brandenburgischen Kunstvereins im Luisenforum. Ein breites Spannungsfeld entsteht dabei zwischen den realistischen Variationen Drühls und Pabóns und den Räumen und Geometrien Rochelmeyers und Wolfs, die fast im Abstrakten verschwinden. Knackschwarz erscheinen die Bilder von Sven Drühl.

Das sei nur der erste Eindruck, der sei dem Neonlicht in der Ausstellungshalle geschuldet, versichert der Künstler. Im Schwarz schimmere es Blau und Braun, Rot und Orange. Die schillernde Vielfalt werde aber erst sichtbar, wenn die Sonne, oder ein zielgerichteter Spot das Dunkel durchdringe. Dass auf seinen großformatigen Leinwänden dennoch Landschaft erkennbar ist, verdankt sich einer Modellierung der Fläche mit Silikonschichten. Mit diesen sind Berge und Sträucher, Hügel und Steine hervorgehoben. „Häufig greife ich auf Beispiele aus der Kunstgeschichte zurück, gelegentlich aber auch auf Bilder von befreundeten Künstlern“, erklärt Drühl. Ausgehend von den strukturierten Flächen entfalten die schwarzen Bilder eine Sog in die Tiefe, die sich vor einem Vergleich mit dem abstrakten Altmeister Pierre Soulage nicht zu scheuen braucht. Es sind aus zerrissenen Zitaten wieder zusammengesetzte Landschaften. Aus ihnen spricht die Kenntnis Drühls um die Unmöglichkeit der klassischen Darstellung des Genres Landschaftsbild, das durch vielfache verkitschte Darstellungen diskreditiert ist. Durch das satte Schwarz jedoch entsteht ein neues geheimnisvolles, abgründiges Dunkel in der weiten Fläche, dessen Glanz selbst das Neonlicht reflektiert und trotz aller Düsterkeit doch erleuchtet erscheint.

Auf den Bildern Catalina Pabóns dagegen erstickt jeder noch so schwache Schimmer im matten Pastellton, mit dem die gebürtige Kolumbianerin die Leinwand grundiert. Mit weißem Pastellstift hat sie auf der schwarzen Fläche Risse und Vorsprünge eines Bergmassivs aufgetragen. Die Spitze verschwindet im diffusen Nebel. Obwohl die Landschaften Pabóns in unverkennbar realistischer Manier gemalt sind, wirken sie in ihrer schwarz-weißen Verlassenheit seltsam entrückt. Die mögliche Erhabenheit der Berglandschaft scheint auf, wenn der Betrachterstandpunkt so angelegt ist, dass er zum Bergmassiv aufschaut. Kitschig wird es dank der klaren Bildsprache Pabons trotzdem nicht. Zudem überzeugt der konzeptuelle Ansatz der Künstlerin, mit dem sie dunkle Steinwüsten aus ganz verschiedenen Blickwinkeln untersucht. Im Gegensatz dazu schafft Tanja Rochelmeyer glasklare, raffiniert verschachtelte Innenräume. Manchmal sind es eindeutig strukturierte Flure und Räume, häufig aber zersplittert der Innenraum in viele Einzelteile. Es kann gemutmaßt werden, dass sich in den kompliziert konstruierten Raumstrukturen der Nachklang des Studiums der Künstlerin an einer technischen Fachhochschule widerspiegelt.

Ebenso farblich zurückhaltend wie Rochelmeyer agiert Jens Wolf. Seine Geometrien auf Sperrholz muten an wie klassische Hard Edge Malerei im Geiste Kenneth Nolands oder Ellsworth Kellys. Wolf allerdings durchbricht die makellose Geometrie, indem er Kanten splittern lässt und das Format durch eingesägte Kanten malträtiert. Expressiv wirken die Bilder dennoch nicht. Dazu trägt der völlig gleichmäßige Auftrag der Acrylfarbe bei. Die Kreise, Rechtecke und Linien hinterlassen beim Betrachter den Eindruck einer präzis austarierten Konzentration auf die wesentlichen Farb- und Klangelemente. Wolf gewinnt so einer vielfach deklinierten Formensprache ebenso neue Aspekte ab, wie seine Kollegen der Landschaftsmalerei.

Die Ausstellung „Mixed“ mit den Arbeiten von Sven Drühl, Catalina Pabón, Tanja Rochelmeyer und Jens Wolf ist noch bis zum 16. Mai in den Galerie äumen des Brandenburgischen Kunstvereins Potsdam in der Brandenburger Straße 5, im Luisenforum, dienstags bis sonntags, 12 bis 18 Uhr geöffnet

Richard Rabensaat

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