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Kultur: Vom Glück Jazzfest: Torun Eriksen

in der Schinkelhalle

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Torun Eriksen glaubt an die Liebe. An diese idealisierte, romantische Liebe, die es nur einmal geben kann im Leben. Die alles überstrahlt, alles übersteht, der einfach nichts etwas anhaben kann. Zyniker werden bei Torun Eriksen keine Chance haben. Denn ihr Glaube an diese Liebe ist schon fast religiös. Und mit dieser Gewissheit und Absolutheit ihres Glaubens hat Torun Eriksen eines der schönsten und zartesten Liebeslieder geschrieben: „I love a man“.

Dieses „I love a man“ sang die Norwegerin Torun Eriksen in der Mitte ihres stillen, manchmal fast schon bedächtigen Konzertes am späten Samstagabend in der Schinkelhalle. Vielleicht war es Zufall, aber so wie Torun Eriksen die Zeile „I love a man“ sang, war auch immer Billie Holidays „Lover man“ zu hören. Doch während Billie Holiday nach ihm sucht und ruft: „Lover man, oh, where can you be?“, und diese Suche in der brüchigen, von Verzweiflung getränkten Stimme der Holiday wenig Hoffnung zu haben scheint, hat Torun Eriksen ihren Lover Man längst gefunden.

Da ist viel Soul in diesem „I love a man“. Wie bei so vielen Liedern von Torun Eriksen. Das strahlt nicht, dass es einen blendet. Ihre Lieder sind von einem warmen Leuchten geprägt, das sich unaufdringlich gibt. Feinster Soul, der wenig Raum braucht, aber Stille. Denn wenn Eriksen singt, singt sie Geschichten, die sich langsam entfalten, von ihrer hellen, klaren Stimme bis in feinste Verästelungen getragen und wo ein nur kleines störendes Geräusch dieses fragile Gebilde zerstören könnte. Begleitet wurde Torun Eriksen von vier Musikern, die mit nötiger Zurückhaltung diese gesungenen Geschichten grundierten und in den Momenten, wenn die 28-jährige Sängerin verstummte, ihrer eigenen Versionen einbrachten.

Gerade Pianist David Walumrod ließ hier wenig Zurückhaltung zu. Mit stupenden Akkorden, sich immer und immer wiederholend, mal ein paar Kadenzen nur andeutend, ließ er sich treiben, trieb dann selbst die Musik wie ein Besessener, dann wieder sanft nur anstoßend, bis er sich scheinbar selbst in diesem tonmalerischen Labyrinth verirrt hatte. Kjetil Dalland am Bass, Froydis Grorud an der Querflöte und dem Tenorsaxophon und Schlagzeuger Torstein Lofthus ließen sich von derartigen Eskapaden wenig beeindrucken und beschränkten sich auf ein zurückhaltendes, deswegen aber nicht weniger einfallsreiches Spiel.

Viele feingezeichnete Lieder waren an diesem Abend zu hören. Doch von allen leuchtete „I love a man“ am wärmsten. Hier sang Torun Eriksen als Liebesgläubige mit vollster Überzeugung, so dass für einen Moment selbst Zyniker verstummen.Dirk Becker

Dirk Becker

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