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Flammendes Zelt von Felix Nolze.

© Klaer

Kultur: Vom Hubschraubermodell zur Selbsterkenntnis

„Applaus 2008“: Designstudenten der Fachhochschule Potsdam stellen ihre Abschlussarbeiten vor

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Wie eine Kerzenflamme züngelt es in die Höhe, das Eventzelt von Felix Nolze. Lichtdurchlässige, orangefarbene Folie verkleidet das kreuzweise verschraubte Gestänge und verleiht dem Partyzelt ein schrilles und zugleich transparentes Outfit. Der Designstudent der Potsdamer Fachhochschule hat es für seine Diplomarbeit entworfen. Noch bis morgen wird sein Modell in der Ausstellung „Applaus“ der besten Entwürfe des Design-Jahrgangs 2008 im „Schaufenster“ der FH in der Friedrich-Ebert-Straße 6 zu sehen sein. Am Sonntag wollen die Absolventen vor Ort sein, um sich den Fragen des Publikums zu stellen.

Auch Felix Nolze kann dann erklären, auf welche Weise er sich seinem Thema genähert hat. Wie die meisten seiner Kommilitonen verfolgte er die Form und Funktion seines Produkts zurück bis zu dessen Ursprüngen. Der Archetypus des Zeltes, meint er, besteht im Grunde nur aus zwei Elementen: der Struktur und der Haut. Mit eben diesen beiden Elementen wollte er einen umbauten Raum schaffen, bei dem der Nutzen und die Ästhetik sich die Balance halten.

Ähnlich ging Steffen Schellenberger zu Werke, der sich vorgenommen hatte, ein praktikables und zugleich formschönes Set verschiedener Schüsseln zu entwerfen. „Alles in Ordnung“ betitelt er seine Arbeit, die Menschen mit kleinen Küchen außerordentlich gefallen dürfte. Zurückschauend auf das Geschirr aus Großmutters Zeiten entwickelte er einen modernen, multifunktionalen und sehr platzsparend stapelbaren „Schüsselturm“, der garantiert nicht umkippt. Brotkorb, Porzellanschüssel, Glasschale, Holzgefäß und ein Metallsieb mit farblich passender Schüssel greifen passgenau ineinander. Besonders reizvoll ist die Kombination der unterschiedlichen Materialien, die auf traditionelle Weise verarbeitet wurden und im „Turm“ fließend ineinander übergehen.

Fließende Übergänge finden sich auch im Exponat gleich neben den Schüsseln, das allerdings für einen völlig anderen Industriezweig entworfen wurde. Ludmil Tchorenev zeigt das Modell eines Helicopters für Rundflüge mit extra viel Sichtfläche und einer aufsteigenden Theaterbestuhlung. So öffnen sich auch den Passagieren auf den hinteren Plätzen Panoramablicke bis zum Horizont. „Faszination Fliegen“ nennt Tchorenev seinen Hubschrauberentwurf, der sich in der Ausstellung wie ein überdimensioniertes Spielzeug ausmacht. Passend dazu stehen vis-à-vis Stühlchen, Schaukel und Wippe aus dem Kindermöbelprogramm „Micasa“ von Jörn Stelzner. Übersetzt aus dem Spanischen bedeutet Micasa ganz einfach „Mein Haus“. Und das sollen sich die Kinder aus diesen flexiblen Möbelteilen auch bauen können. Quadratische Bretter mit Löchern in den Ecken lassen sich mittels Laschen und Klettverschlüssen beliebig oft und vielfältig aneinander binden. Was gerade noch ein Hocker war, wird im nächsten Moment zur Kiste. Und das Rundbogendach eines Spielhauses kann, befestigt an zwei Seilen, zur Schaukel umfunktioniert werden. Ein Baukastensystem, das das konstruktive Verständnis der Kinder fördert. Klug gedacht ist auch die spätere Verwendbarkeit der Teile. Micasa-Möbel wachsen nämlich mit und stehen dann im Jugendzimmer als Regal an der Wand.

Auffällig viele Arbeiten der Studenten beschäftigen sich mit dem Bedürfnis der Jüngsten nach handlichen und formschönen Gegenständen, die die Kreativität anregen. Das Spektrum reicht hier vom Ideenkoffer für den Kindergeburtstag bis zum kompletten Kindermuseum. In anderen Arbeiten geht es weniger um das Produkt-, als um das Kommunikationsdesign, wie in den inszenierten „Sehnsuchts“-Fotografien von Sonja Trabandt. Ein Bild zeigt einen jungen Mann, der durch einen imaginären Spiegel greift und die Wange seines Gegenübers berührt. Es erzählt von der Sehnsucht nach Selbsterkenntnis. Antje Horn-Conrad

Antje Horn-Conrad

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