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Kultur: Vom Taxifahrer zum Puppenspieler Benjamin Tomkins ist am Freitag im Lindenpark
Viele Puppenspieler müssen sich gewiss immer wieder anhören, dass sie mit ihren Kunstfiguren lediglich ein Alter Ego geschaffen hätten. Eines ist jedoch allen gemeinsam: Sie verschwinden hinter der Figur, werden unsichtbar.
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Viele Puppenspieler müssen sich gewiss immer wieder anhören, dass sie mit ihren Kunstfiguren lediglich ein Alter Ego geschaffen hätten. Eines ist jedoch allen gemeinsam: Sie verschwinden hinter der Figur, werden unsichtbar. Trotzdem kennen die meisten die Figuren, die wenigsten den Puppenspieler.
Am Freitag ist Benjamin Tomkins, einer der bekanntesten Puppenspieler und Bauchredner mit seinem Programm „Der Puppenflüsterer – Früher war ich schizophren, aber jetzt sind wir wieder ok!“ im Lindenpark zu Gast. Der gebürtige Wiener, der seine Kindheit in Kiel verbrachte, erkannte sein Talent für das Puppenspiel relativ spät, nicht ungewöhnlich für jemanden, der so ein bewegtes Leben hinter sich hat. Bevor er sein Talent für die Belebung des vorher Unbelebten entdeckte – und zwar bei einer Familienweihnachtsfeier im Jahr 2010 –, verdingte Tomkins sich zunächst als Gebrauchtwagenhändler, bevor ihn die schiere Abenteuerlust in die USA führten, wo er sich ein Jahr lang in San Francisco als Taxifahrer durchschlug, gefolgt von längeren Aufenthalten in Asien, Kenia, Spanien und Marokko. Danach segelte er für ein halbes Jahr durch die Adria, nur von seinem Hund begleitet. Ein Kosmopolit sozusagen, einer, der verschiedene Kulturen nicht nur beobachtet, sondern mit ihnen lebt. Und auf einmal die Weihnachtsfeier, bei der er nicht nur seine Familie, sondern auch sich selbst verblüffte – eine Initialzündung: Tomkins entwickelte innerhalb kürzester Zeit ein Bühnenprogramm, mit dem er seitdem auf Tour ist und einen Preis nach dem anderen abgreift.
Seine erste Figur ersteigerte Tomkins damals für 350 Euro bei Ebay und nannte sie „Herr Hansen“, mit ihm feierte er erste Erfolge zunächst im engeren Freundeskreis, bevor er im Juni 2012 einen Auftritt im ORF hatte. Mittlerweile hat sich seine Puppenfamilie vergrößert: Die Fliege „Hildegard“ gehört dazu, aber auch die Schildkröte „Henriette“ oder die überlebensgroße Puppe „Greta Garfunke“. Wenn er seine Figuren nicht in absurde Dialoge führt, spielt er Klavier oder lässt seine Gedanken schweifen – ein scharfer Beobachter, der einen ganz eigenen Humor besitzt und gern ins Poetische abschweift.
Eigentlich ist Tomkins aber auch für etwas ganz anderes gut: für die Erkenntnis, dass es nie zu spät ist, etwas Neues anzufangen, seine eigentliche Berufung zu erkennen. Immerhin wird der „Puppenflüsterer“ dieses Jahr 50 – vielleicht genau das richtige Alter, um sich noch einmal neu auf die Erfolgsschiene zu begeben.
Oliver Dietrich
Benjamin Tomkins am Freitag, 6. Februar, im Lindenpark, Stahnsdorfer Straße 76. Eintritt 23,75 Euro im VVK, 26 Euro AK
Oliver Dietrich
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