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Kultur: Von bemüht bis inspirativ

Die Eröffnung der Potsdamer Bachtage

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„Werke von Johann Sebastian Bach für Menschen von heute“ lautet das ambitionierte Motto der Potsdamer Bachtage. Bereits im achten Jahr findet das von Nikolaikirchenkantor Björn O. Wiede gegründete Festival statt. Das erstmals im Schlosstheater des Neuen Palais abgehaltene Eröffnungskonzert stand unter keinem guten Stern. Ja, es konnte sogar manch gutwilligen Zuhörer, darunter nicht wenige Touristen, verschrecken.

Zu Beginn spielte Björn O. Wiede auf dem Cembalo das dreistimmige Ricercare aus dem Musikalischen Opfer von Johann Sebastian Bach. Dieses kleine Stück leitet die Instrumentalvariationen über ein Thema von Friedrich II. ein, die aus Anlass der denkwürdigen Begegnung zwischen dem 62-jährigen Thomaskantor und Friedrich dem Großen entstanden. Im Kontext der Bachtage diente die Aufführung wohl vor allem als Hinweis auf die im Grunde sehr kurze und wenig ergiebige Verbindung zwischen J. S. Bach und Potsdam. Wie die meisten Sätze des „Musikalischen Opfers“ ist auch das Ricercare musikalisch nicht besonders reizvoll, sondern ein ziemlich sprödes, trockenes Stückchen. In der bedächtigen, bemüht wirkenden Wiedergabe wurden diese Seiten noch mehr betont, anstatt sie aufzulockern.

Recht spannungsarm und konventionell klang das ebenfalls von Björn O. Wiede gespielte Cembalo-Konzert A-Dur. Im zweiten Satz ersetzte getragene Stimmung den Klang der zarten Melodiegirlanden, auch in den schnelleren Ecksätzen blieb jede Bewegung, jede Betonung vorhersehbar.

Weitaus frischer und spritziger erklingt das Konzert für Oboe, Violine und Streicher BWV 1060. Flink, kernig und knackig sprudeln die Töne aus Marek Niewiedzials Barockoboe. Einige raffinierte Violinpassagen im rasanten dritten Satz geben einen Vorgeschmack auf das Kommende. Erneut erweist sich Wolfgang Hasleder als Violinist von hohen Graden. Inspiration und musikalische Sensibilität zeichnet seine Interpretation des Violinkonzerts a-moll BWV 1041 aus. Der dunkle zweite Satz erregt viel Aufmerksamkeit mit schleppenden, stetig wiederholten Bassfiguren und einer hellleuchtenden Violinkantilene, die hoch darüber hinweg fliegt, als wollte sie die irdischen Mühen weit unter sich lassen. Im tänzerischen Schlusssatz scheint sich die Violine dagegen mit heftigen Triolenfigurationen immer mehr in den fülligen Bodensatz der Begleitinstrumente einzugraben.

Erstaunlich war dann das abschließende 2. Brandenburgische Konzert. Eigentlich wird der Charakter des berühmten, festlich-frohen Werks wesentlich vom Schmettern und Strahlen der Trompete bestimmt. Schon beim ersten Schlingern der Trompete (Franziska Jacknau) ging jedoch ein Ruck durch die Zuhörer. Was man gern für ein anfängliches Ansatzproblem gehalten hätte, blieb durchgehend so. Mancherlei Töne hatte man in diesem Stück noch nie gehört, andere Töne, die man erwartet hatte, fehlten. Dabei hieß das Ensemble gar nicht „Bach, experimentell“, sondern „Exxential Bach“. Wie unter Schock stehend erschien die Interpretation des sonst so anmutigen zweiten Satzes, der ohne Trompete auskommt. Mechanisch abgespult und zugleich aufdringlich wirkte die Continuo-Begleitung. Sie ließ den drei Solo-Instrumenten Violine, Oboe und Flöte (Martin Ripper) keinen Raum für echte Entfaltung und freies Wechselspiel der lieblichen Kantilenen. Wie schon im ersten Satz, versagte die tragende Trompete auch im eigentlich noch glanzvolleren dritten Satz. Wohl kein Musiklehrer würde es wagen, eine Darbietung wie diese von einem Schüler öffentlich aufzuführen. Nein, mit diesem Konzert wurde weder Johann Sebastian Bach angemessen gehuldigt noch den Zuhörern von heute ein Gefallen getan.

Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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