Kultur: Von den alten Griechen inspiriert Zwei Sabinen stellen in der Galerie in Töplitz aus
Das güldene Schädelgerüst des Minotaurus, sodomitische Frucht der Kreterkönigin Pasiphae und einem Stier, ist das einzige Objekt in der Ausstellung, welche heute unter dem zündenden Titel „Sabinerinnen“ in der Töplitzer Galerie eröffnet wird.Wer wüsste schon, warum ihm ein Horn abbrach, wer kennt noch die Geschichte von seiner Heimstatt, dem Labyrinth von Knossos, von seinem Überwinder Theseus, vom Faden der Ariadne, die ihm dabei half, um dann gleich zweimal schuldlos verlassen zu werden?
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Das güldene Schädelgerüst des Minotaurus, sodomitische Frucht der Kreterkönigin Pasiphae und einem Stier, ist das einzige Objekt in der Ausstellung, welche heute unter dem zündenden Titel „Sabinerinnen“ in der Töplitzer Galerie eröffnet wird.
Wer wüsste schon, warum ihm ein Horn abbrach, wer kennt noch die Geschichte von seiner Heimstatt, dem Labyrinth von Knossos, von seinem Überwinder Theseus, vom Faden der Ariadne, die ihm dabei half, um dann gleich zweimal schuldlos verlassen zu werden? Es war eine ungeheure Erfindung „der alten Griechen“, gerade dieses Wesen mit einem Friedensschluss in Verbindung zu bringen: Frieden für Athen aus Kreta, wenn ihm die Stadt jedes Jahr vierzehn aus seiner Jugend opfere. Bei ihnen musste alles bezahlt werden, damit ihr Kosmos beständig bliebe, alles hatte seinen Preis. Was aber oftmals „olympischer Ratschluss“ war, erschien den Sterblichen als unbeugsames Schicksal.
„Sabinerinnen“ sind die beiden Potsdamer Malerinnen Raetsch und Heron wenigstens ihres gemeinsamen Vornamens nach. Sie ließen sich ganz von innen heraus vom Geist der Antike inspirieren, haben auf Naxos gemalt, in ihren Ateliers, lasen in den Büchern, um zu verstehen, was diese fremde Welt von Zeus und Dionysos, Apoll und Uranos noch heute so magnetisch macht.
Fündig sind sie schließlich in sich selbst geworden, als die Erhabenheit dieser Sagen, eine Mischung aus schöner Faszination und großem Erschrecken, lebendig zu wirken begann. Wenn der „machtbesessene Vater“ Kronos von seinem eigenen Sohn entmannt und gestürzt wird, Agamemnon sein Kind Iphigenie dem Gemeinwohl opfert, Pandora jene Büchse öffnet, woraus sich alle Übel der Welt über die Menschheit ergießen oder „für den Frieden“ getötet wird. Wann wird das gewesen sein? Einst oder jetzt?
Sabine Raetsch und Sabine Heron sind zwar miteinander befreundet, doch ihre Ästhetik ist gegenläufig. Erstere sucht das Individuelle, das Seelische, das Poetische dieser Geschichten, die sie sich mit viel Anmut und anregenden Details bildfüllend ausmalt. Zeus'' Augen bei seiner Kopfgeburt von Athene oder die auf halber Höhe wie Glas zerspringenden Tränen des weinenden Agamemnon prägen sich genauso ein wie das hochformatige, ganz individualisierte Dreiergespann von Poseidon, Zeus und Hades. Man sieht Schönheit, lernt viel. Fragt man aber, ob sie einen Sonnenaufgang oder -untergang in Acryl gesetzt hat, so antwortet sie: „Weiß nicht.“
Auch für Sabine Heron bedeuten diese Mythen unmittelbare Selbstfindung, doch ihre Bilder lenken mehr zum Allgemein gültigen hin. Räume sind offener, Schwarz und Weiß fehlen, helle Farben malen Frage und Antwort: Ein in sich ruhendes Orakel, Ariadne zuerst bei Theseus, dann bei Dionysos, Apoll und Daphne, verzückte Mänaden. Ihre Sujets umreißen eher die Kraft einer Aussage.
Eindrucksvoll, wie beide Sabinen mit dem Naiven umgehen. „Erkenne Dich selbst!“, verlangte das delphische Orakel. Genau das ist den beiden Künstlerinnen in glücklichster Ergänzung geschehen. Eindrucksvoll, inspirierend! Gerold Paul
geöffnet am 1. und 2. Juli
Gerold Paul
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