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Auch ein wenig Liebe. Die ist mit Kunibert (Jan Kersjes) und Kunigunde (Juliane Götz ) in „Drachen und Ritter“ zu erleben.

© Göran Gnaudschun

Kultur: Von einem, der auszog, ein tapferer Ritter zu werden

Die hinreißende Inszenierung „Drachen und Ritter“ am Hans Otto Theater lebt vor allem von den Schauspielern Juliane Götz, Jan Kersjes und Josip Culjak

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Wenn Kinder mit leuchtenden Augen einen Theatersaal verlassen, ist das meist schon ein gutes Zeichen. Wenn dann aber auch die Erwachsenen mit glänzenden Augen und einem verträumten Lächeln noch einige Sekunden ausharren, nachdem der letzte Applaus verstummt ist, kann kaum noch von einer nur guten Inszenierung gesprochen werden. Am gestrigen Donnerstag feierte mit „Drachen und Ritter“ für Kinder ab sechs Jahren ein Stück in der Reithalle des Hans Otto Theaters Premiere, in dessen Beschreibung die Superlative miteinander ringen. Meisterhaft trotz einfachster Mittel. Obwohl am dem Stoff dieser Geschichte von Eva Maria Stüting nichts einfach ist.

Der edle und doch potthässliche Ritter Kunibert (Jan Kersjes) wird von den Rittern der tafelnden Runde vor ein Ultimatum gestellt: Er muss seinen Heldenmut beweisen, einen Drachen töten und ein Burgfräulein retten, sonst droht ihm die Degradierung zum Tellerwäscher. Für einen Ritter nichts leichter als das, aber für den ängstlichen Kunibert erweist sich das als die Aufgabe seines Lebens. Mit Jeans und Turnschuhen zu Kettenhemd und Schwergürtel macht sich Kunibert mithilfe des Zauberers Zot (Josip Culjak) auf den Weg, das hässliche Burgfräulein Kunigunde (Juliane Götz) aus dem verwunschenen Schloss und gleichzeitig aus den Fängen eines bösartigen Drachens zu befreien. Schnell führt Kuniberts Weg ihn nicht nur in den Niemandswald, sondern er macht sich ebenso auf die Suche nach seinem eigenen Mut, an deren Ende wahre Ritterlichkeit wartet.

Doch während sich in der Geschichte Problem an Problem reiht, spiegelt sich im Bühnenbild (Nikolaus Frinke) die gegensätzliche Einfachheit wider. Eine mittelalterlich anmutende Holzbühne ist gleichzeitig Wald, Schloss und Drachenhöhle und bietet den drei Schauspielern zwischen Stoffvorhängen reichlich Platz, sich zu entfalten. Mit einer solchen schlichten Bühne als Schauplatz lässt sich jedoch vor allem das junge Publikum eher schlecht in die Geschichte hineinziehen. Die ganze Zeit des einstündigen Stücks ist und bleibt man Zuschauer, also außen vor.

Und doch gelingt es Regisseurin Kerstin Kusch, eine Geschichte zu erzählen, die zwar von Grund auf wenig Überraschungen bereithält, durch die Inszenierung jedoch durch zahlreiche Glanzpunkte besticht. So wird von actionsreichen Kämpfen und schmachtenden Liebesliedern die gesamte Palette dramaturgischer Vielfalt ausgenutzt, um immer wieder neue Höhepunkte aufzubauen. Höhepunkte, die der Geschichte nicht unbedingt prickelnde Spannung verleihen, die aber Brüche im Geschehen sind und Lebendigkeit auf die Bühne bringen. Die musikalische Untermalung von Christian Deichstetter gibt dem Ganzen slapstickartige Züge, die allein schon für Lacher sorgen konnten.

Ein schöneres Bühnenbild oder eine noch überzeugendere Inszenierung braucht es aber bei „Drachen und Ritter“ in der Reithalle nicht. Denn diese Inszenierung lebt vom herausragenden Spiel, das die drei Schauspieler auf die Bühne bringen. Angefangen bei Josip Culjak. Immer wieder schlüpfte er in Windeseile von einer Rolle in die nächste und gab jeder Figur seine ganz spezielle Note.

Mit seinem ersten Auftritt vor dem Potsdamer Publikum glänzte auch Jan Kersjes als Kunibert. Von der feuchten Aussprache bis zum unsicheren Auftreten verkörperte er den unsicheren Ritter so gekonnt, dass er beim Zuschauer aufrichtiges Mitleid mit dem scheinbaren Nichtskönner erzeugt. Ganz besonders waren aber auch jene Momente, in denen Kersjes mit klarer Stimme seine Lieder trällerte. Jedem, der etwas für Geschichten um Ritter, Drachen und Burgfräulein übrig hat, ging wohl im Liebeslied für Kunigunde das Herz noch ein bisschen mehr auf. Vor wem man jedoch wirklich auf die Knie fallen möchte, um ihr für die strahlende Leistung zu danken, ist Juliane Götz. Mal ein bisschen biestig, dann wiederum kess und am Ende doch ganz schüchtern – die Breite der Charakterzüge, die sie auf der Bühne umsetzen kann, ist erstklassig. Es reicht eine winzige Veränderung der Mimik, nur eine klitzekleine Bewegung oder ein einzelner Blick und sie zeigt die unterschiedlichsten Facetten ihrer Figuren.

Jedoch ist „Drachen und Ritter“ nicht nur ein schön anzusehendes Stück, sondern trumpft auch mit zahlreichen gesellschaftskritischen Ansätzen. Es geht um Mut, Ritterlichkeit. Es geht um das Selbstbild und die Vorstellung, die andere von einem haben. Um den Weg, auch ohne Heldentaten ein Held zu werden. Und am Ende geht es auch noch ein wenig um die Liebe. Viele Ansätze in einfachem Gewand, geschmückt mit unglaublicher Sprachwitz. Da brennen am Ende bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen die Hände vom tosenden Applaus. Chantal Willers

„Drachen und Ritter“ wieder am 3. März, 11 Uhr, und am 4. März, 9 Uhr, in der Reithalle in der Schiffbauergasse. Karten unter Tel.: (0331) 98 118

Chantal Willers

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