Kultur: Von ewiger Liebe
„Schwanensee“-Ballett aus Ufa im Nikolaisaal
Stand:
Tüllträume in hellblau und rosa für die Ballerinen, bordeauxrote Samtwesten oder stilisierte Edelgewänder für die Tänzer: leichtfüßig und elegant schweben sie über die Bühne, um als Hofgesellschaft und Gäste die Volljährigkeit von Prinz Siegfried ausgelassen zu feiern. Dem Märchenbuch scheint er entstiegen zu sein, dieser ranke und schlanke E. Jangirow. Er zieht nicht nur die Blicke seiner ebenso jungen wie herzerfrischend natürlich tanzenden Partner auf sich. Auch das Publikum im ausverkauften Nikolaisaal ist von seinem vornehmen Schreiten, seinen gewandten Drehungen und sicheren Sprüngen sichtlich angetan. In „Schwanensee“, dem Ballettklassiker von Peter Tschaikowski, kann er sein klassisch-akademisches Tanzkönnen eindrucksvoll vorführen.
Erworben hat er es wie die anderen Mitstreiter an der Staatlichen Ballettakademie „Rudolf Nurejew“ in Ufa. Auf ihrer Deutschlandtournee gastierten sie nun, beifallsumjubelt, in Potsdam. So blieb die Nikolaisaal-Tradition gewahrt, kleine und große Ballett-Freunde mit einer vorweihnachtlichen Tanzgabe zu erfreuen. In den Vorjahren waren es Jungkünstler von der Ballettakademie Perm. Doch auch in Ufa wird von den Pädagogen großer Wert auf gestalterische Wahrhaftigkeit und Leichtigkeit der Präsentation gelegt. Das klassisch-akademische Excerzise bildet dafür die Grundlage.
Von den Solisten bis zum Corps de ballet mühen sich alle um die exakte Ausführung all der diversen Figurationen, die gerade „Schwanensee“ so überreich bereithält. Choreografisch basiert die Produktion auf den Uraufführungseingebungen der Ballettlegenden Marius Petipa und Lew Iwanow, ergänzt um die Einfälle von K. Sergejew. Gradlinig erzählt das romantische Tanzmärchen von Prinz Siegfried, der sich in die Schwanenprinzessin Odette verliebt, ihr ewige Treue schwört und sie von Einflüssen des bösen Zauberers Rotbart befreien will. Dessen Ziel ist es, ihm seine Tochter Odile (schwarzer Schwan) als Braut unterzujubeln. Siegfried lässt sich täuschen, erkennt jedoch rechtzeitig seinen Treuebruch, liefert sich mit dem als schwarzer Vogel verkleideten Fiesling (raumbeherrschend und kraftvoll: D. Aleksejew) einen Kampf auf Leben und Tod. Die Macht der wahren Liebe siegt schließlich und Odette (weißer Schwan) wird Siegfrieds Gattin.
In dieser anspruchsvollen Primaballerinen-Doppelrolle begeistert A. Tichomirowa durch grazile Ausstrahlung, jungmädchenhafte Gestaltungsintensität von den Zehen bis in Fingerspitzen. Technisch brillant führt sie ihre Attitudes vor, dreht virtuos Piouretten und als schwarzer Schwan die verführerisch-rasante Abfolge von Grand Fouettés In ihrem großen Solo (weißer Schwan) ist ihr der Prinz sicherer Hand- und Körperhalter, Drehhelfer. In den Variationen hebt er sie mühe- und pausenlos wie eine federleichte Schneeflocke. Die 18-köpfige Schwanenbrigade sucht ihr Bestes zu geben, auch wenn die Koordination nicht immer ganz konform läuft. Oft bilden sie mit abgewinkeltem Spielbein, den überm Tutu gekreuzten Händen und schräg geneigtem Kopf nur malerische Staffage. Wie ein rund laufender Motor spult sich der Auftritt der vier kleinen Schwäne ab.
Die Orchestermusik tönt, wie stets bei solchen Gastspielen, von der Konserve. Diesmal gut ausgesteuert, jedoch mit vielen Aussetzern und Schnittstellenpatzern. Schade. Peter Buske
Peter Buske
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