Kultur: Von Feuerzungen und göttlicher Fügung
Eröffnung des Internationalen Orgelsommers mit Roman Summereder in der Friedenskirche
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„Die Musik ist die beste Gottesgabe sie ist der beste Trost für einen verstörten Menschen“, wusste schon Martin Luther um die Bedeutung nicht nur der musica sacra. Sie mache Menschen „sanftmütiger und gelinder“, kurzum: sie ist Balsam für die Seele.
In seinen herzlichen Grußworten zur Eröffnung der 16. Saison des Internationalen Orgelsommers Potsdam 2006 weiß Superintendent Bertram Althausen wovon er spricht, wenn er die „Regenbogenfarben der Orgeltöne“ lobpreist. Für den Auftakt in der gut besuchten Friedenskirche gewannen die Veranstalter mit KMD Matthias Jacob an der Spitze den erfahrenen Orgelprofessor Roman Summereder aus Wien. An der Universität für Musik und darstellende Kunst leitet er eine Klasse für künstlerisches Orgelspiel. Seinem Vortrag ist diese Stilistik deutlich anzuhören.
Seine kontrastreiche Programmfolge rahmt er mit Bachs Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552, wobei er ersteres erstaunlich weich und zungenstimmenreich registriert. Die sonst gern verwendeten, in den Vordergrund drängenden Prinzipalstimmen sind diesmal quasi weichgespült – beim Flügel wäre es die übermäßige Verwendung des rechten Pedals, die diese gewisse Hörwohligkeit entstehen ließe. Sein Spiel meidet die Strenge, die durchdringend-asketische Klanggeste. Stattdessen erfreut es mit Wiener Charme. Für die düster gestimmte Rarität des Zwölftoners Arnold Schönberg „Variationen über ein Rezitativ“ (1941) setzt er auf die Trompetenregister in den verschiedenen Manualen. Immer wieder unternimmt er Anläufe ins Helle, durchschreitet die Spannweite von tiefen Pedallaufereien bis hin zum Diskantfiligranen, wobei die tonsetzerischen Aufgeregtheiten zunehmen.
Ein mitunter „schräger“ Tonsatz gibt eine Vorahnung auf jene unverwechselbaren Messiaensche Klangwelten, die – nachdem Robert Schumanns Fuge III über B-A-C-H aus op. 60 besinnlich, zungenstimmenschwebend sowie an- und abschwellend verklungen ist – dem Abend seinen Höhepunkt setzen. Das Raffinement der „Messe de la Pentecote“ (Pfingstmesse) kostet Roman Summereder gewitzt aus, wobei ihm die Registriermöglichkeiten der Woehl-Orgel die besten Voraussetzungen bieten. Die Voix celeste zieht er für die „Feuerzungen“. Reicher Gebrauch von kleinfüßigen Mixturen zeichnet das „Offertoire“ aus, wobei Tremulant und Schwellwerk den „sichtbaren und unsichtbaren Dingen“ bis hin zu geräuschhaft anschwellenden Winden und schnarrender Subbass-Bekräftigung einprägsame Gestalt verleihen. Ätherisch verbreitet sich im dritten Manual „Die Gabe der Weisheit“, während „Die Vögel und die Quellen“ gleichsam gläsern und unaufgeregt die Lobpreisung des Herrn anstimmen. Zephyrwinde säuseln lieblich, ehe sie zum „Sturmwind des Geistes“ anschwellen. Diverse Flötenregister und Quinte, dann das volle Orgelwerk sorgen für ein effektvolles Finale.
Wie passend dann abschließend die Bachsche Es-Dur-Fuge BWV 552, die sich nach den Messiaenschen Magmaergießungen und Klangeruptionen plötzlich als ordnende Hand erweist, die das göttliche Universum zu formen versteht.
Nächstes Konzert: 5. Juli, 19.30 Uhr, Erlöserkirche, mit Christian Skobowsky.
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