Zur Ausstellung im Potsdam Museum: Von Göttern und Landstraßen
Rita Feldmeier liest aus den Tagebüchern von Magda Langenstraß-Uhlig. Die Moderne-Künstlerin, die auch von der Sturm-Galerie vertreten war, lebte viele Jahre als Alleinerziehende in Potsdam.
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Nicht nur mit Pinsel und Farben, auch mit Worten wusste die Künstlerin Magda Langenstraß-Uhlig zu malen. Zehn Tagebücher hinterlässt sie ihren Töchtern Sinje und Gudrun, teilweise direkt an die Mädchen adressiert. Am Dienstagabend hat die Schauspielerin Rita Feldmeier Auszüge der Tagebücher vorgelesen – umgeben von den Gemälden Langenstraß-Uhligs, die in der Ausstellung „Künstlerinnen der Moderne“ zu sehen sind.
Anschaulich und lebendig ist die Sprache, Worte formen sich zum Kopfkino. „Das liest sich wie ein Roman“, sagt Rita Feldmeier. Ein Roman, der weniger die zeitgeschichtlichen Vorkommnisse als die persönlichen Umstände umreißt. „Verständlich“, so Feldmeier. „Als alleinerziehende Mutter und Künstlerin war sie mehr beschäftigt mit dem Überleben.“ Ihr Mann Karl ist Feldarzt im ersten Weltkrieg. Das Trauma des Krieges verändert ihre Ehe. „Durch das Nicht-Aussprechen-können wurde mir Karl fremd“, schreibt Langenstraß-Uhlig retrospektiv über ihr Verhältnis. Das Bedürfnis, als Künstlerin in der Stadt zu arbeiten, wird dem Wunsch des Mannes nach einer Praxis auf dem Land untergeordnet. Ein Patriarch also? Langenstraß-Uhlig sieht in ihm einen Zwiegespaltenen: „Theoretisch kämpft er für die Rechte der Frau und ihre Persönlichkeit“, schreibt sie. „Praktisch ist er ein Tyrann.“ Kühl, wenig empathisch, egoistisch, wirkt dieser Mann. Für die Schulausbildung seines Kindes will er nicht aufkommen, sagt er seiner schwangeren Frau, falls es sich bei dem Neugeborenen um ein Mädchen handeln sollte. Wo sich hinter diesen Worten noch der theoretische Frauenrechtler verbergen soll, bleibt dem Leser unerschlossen.
So lässt er 1923 dann auch seine Familie, inzwischen ist auch die zweite Tochter Gudrun geboren, in Deutschland zurück und geht in die USA. Langenstraß-Uhlig zieht mit den Kindern nach Rehbrücke bei Potsdam und studiert an der Bauhaus Universität in Weimar unter anderem auch Weberei. Geld verdienen muss sie mit ihrer Kunst, denn aus dem fernen Washington, wo Karl als Gehirnforscher arbeitet, erhält sie nur sehr sporadisch finanzielle Unterstützung. „Bitter ist es, abhängig zu sein“, schreibt sie. Sie unterhält in der Zeit danach ein Doppelleben als Mutter sowie Künstlerin, leidet darunter sich weder dem einen noch dem anderen konsequent widmen zu können. „Meine lieben Kinderlein, hätte ich doch zwei Leben. Eines, nur mit euch zu sein und eines mit der Kunst“, schreibt sie. „Ich möchte manchmal müde werden und darf es doch nicht.“
Dieser innere Konflikt spiegelt sich auch in ihrem Werk wider. „Furchtbar ist es, wenn die Seele nicht einheitlich eingestellt ist“, schreibt sie über ihre Unentschlossenheit, naturalistisch oder abstrakt malen zu wollen. Sie tut beides, denn im Endeffekt sind gradlinige Einordnungen doch „nur Worte“. „Teilweise ist der Künstler ein Gott, dann wieder ein ruheloser, sich in Schmerzen windender Mensch“, schreibt sie und beschreibt damit prägnant die Zerrissenheit ihres Seelenlebens. Ihr Versuch, die Familie zu retten, scheitert. Als sie mit dem Schiff nach Amerika reist, wird sie von Karl abgespeist. Verbittert, aber begeistert von der „neuen Welt“ kehrt sie zurück. Eine starke Frau ist sie, nicht kleinzukriegen. Sie schreibt: „Besser leidenschaftlich leiden als eine glatte, bequeme aber doch staubige Landstraße.“ Theresa Dagge
Theresa Dagge
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