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Kultur: Von neuen Anfängen

Helmholtz-Gymnasium prämierte beste Arbeiten seines Literaturwettbewerbs „Lebensdroge“

Helmholtz-Gymnasium prämierte beste Arbeiten seines Literaturwettbewerbs „Lebensdroge“ Wovon hängt mein Leben ab? Was hängt ab von mir und wovon ich? Nach den „Lebensdrogen“, dem Sehnen, Suchen und Süchtigsein fragte der diesjährige Literaturwettbewerb des Helmhotz-Gymnasiums, dessen gelungenste Arbeiten am Dienstagabend öffentlich gelesen und prämiert wurden. Der Deutsch-Leistungskurs arrangierte die Preisverleihung mit pfiffigen Details und einer - auch körperlich - bewegten Moderation. Vorleser Klaus Büstrin fühlte sich sensibel in die Texte ein. Und Pianist Fabian Klebig sorgte mit der begabten Nachwuchssängerin Tabea Mangelsdorf für musikalische Denkpausen. In den Jahren des Heranwachsens, in denen sich die Ereignisse überschlagen, die Arme zu lang, die Haut zu eng, die Gedanken zu weit sind, ist das Schreiben oft hilfreiches Mittel, sich mit sich selbst zu verständigen und anderen verständlich zu machen. Immerhin hundert der rund achthundert Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums hatten zum Wettbewerb eigene Texte eingereicht. Die Jury, besetzt unter anderem mit den Autorinnen Christa Kozik und Grit Poppe, Henrik Röder vom Brandenburgischen Literaturbüro und Buchhändler Carsten Wist, las und wählte aus, las erneut und stritt, um schließlich erste Preise vergeben zu können. Der zwölfjährige Lucas Mertens schrieb über die „Angst“. Er erzählt von einem Jungen in New York, dessen Familie von den Ausfällen und Gewalttätigkeiten des alkoholabhängigen Vaters bedroht ist. Das Kind stellt sich schützend vor die Mutter, opfert sich, nimmt hin, flieht, leidet, kehrt zurück. Einfühlend und genau beschreibt Lucas den Konflikt des Jungen, einerseits fortlaufen zu wollen, um sich selbst zu schützen, andererseits die Mutter nicht verlassen zu können. Am Ende gehen beide gemeinsam fort, fangen neu an. Das reinigende Gefühl, einen Schlussstrich zu ziehen, Belastendes hinter sich zu lassen und an einem anderen Ort neu anzufangen, bestimmt auch die prämierte Geschichte der dreizehnjährigen Luise Sachse. Wie Lukas verlegt sie die Handlung in ein fernes Land, erfindet sich einen Raum „Zwischen Makoua und Owando“, in dem sie unbefangen über Gewalt und Verletzungen, über Wut und Trauer, Verdrängung und Bewältigung nachdenken kann. Elisabeth Rohne aus der 9. Klasse versucht in ihrem sehr dichten Text den „Geheimnissen des Lebens“ nachzuspüren. Die Bedeutungsschwere des Titels konfrontiert sie mit einer alltäglichen Begebenheit: Ein Kind spielt mit Wasser, füllt es in Gläser und Flaschen, vergleicht, wägt ab, gießt ein und schüttet aus. Beobachtet von der Erzählerin sagt das Kind unvermittelt: „So ist es gut“. In seinem Experiment, in seiner Vorstellungswelt hat es seine Ordnung gefunden, beneidet von der jungen Autorin, die schon ahnt, dass ihr etwas verloren geht beim Erwachsenwerden. Ihre Experimentierfreude erhalten hat sich die neunzehnjährige Mya in der Erzählung „Ein Fortschritt zurück“, für die Lena Thiel aus der 12. Klasse einen Preis bekam. Mya will in einem Camp im Norden Kanadas mit alten Indianern und verwaisten Kindern aus dem Ausland die Kultur der Cheyenne wieder beleben. Ein erstaunliches Projekt, das Lena Thiel in vielen verblüffenden Einzelheiten ausmalt. Am Ende ist es eine Geschichte über die Unbeirrbarkeit und Leidenschaft, auch über das Scheitern und - einen neuen Anfang. Antje Horn-Conrad

Antje Horn-Conrad

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