Von Richard Rabensaat: Von Stalin zum Eis
In der Galerie ArtMarket: Der Maler Peter Rohn hat auch als Fotograf einen scharfen Blick
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Eigentlich ist Peter Rohn ein Landschaftsmaler, der sich vorwiegend für Stadtlandschaften interessiert. Die Galerie Art Market zeigt nun allerdings Fotografien von Peter Rohn. Auf denen sind auch viele Landschaften zu sehen. Aber es sind keine Postkartenidyllen sondern „Abbilder von der Welt“, wie der Künstler formuliert. Er will die Welt mit seinen Fotos genauso wenig interpretieren wie mit seiner Malerei. „Alle schöpfen heute bis der Boden leer ist. Ich hole mir die Anregungen aus der Welt, an der ich teilnehme und will sie nicht inszenieren“, erklärt der 1934 geborene Künstler seine Motivation. Entstanden sind die meisten Aufnahmen über mehrere Jahrzehnte hinweg mit einer Analogkamera, einer Pentax. Nichts daran ist manipuliert. Rohn lässt die Fotos von einem Labor entwickeln und hat sie nun, nicht zuletzt aufgrund des immer stärker werdenden Interesse anderer an dem gewachsenen Bilderfundus, in der Galerie ausgestellt.
Rohn stammt aus Dresden, studierte an der Leipziger Hochschule bei Bernhard Heisig und ließ sich 1961 in Potsdam nieder. Einige der Bilder nahm der Maler auf, als er nach Motiven forschte, andere entstanden aus eigenständigem fotografischen Interesse. „Das hier ist eine wunderschöne Baumgruppe“, unterstreicht Rohn beim Blick auf eine sommerlich leuchtende Wiese, hinter der sich hoch gewachsene Weiden im Wind wiegen. Bei anderen Aufnahmen ist die Verbindung zu seiner Malerei nicht so offensichtlich. Eines zeigt einen Jungen, der in einer winterlich zugeschneiten Stadtstraße über Pfützen hüpft und dabei zu einem schwarzen Schemen vor einer hellen Mauerwand wird. Es ist Rohns Sohn, aus einiger Entfernung fotografiert. Die zufällige Lichtkomposition der Schwarz-Weiß- Aufnahme wirkt dermaßen spannungsreich und ausgewogen, dass unwillkürlich Erinnerungen an Aufnahmen viel bekannterer Kollegen wach werden. Auch beim scheinbar zufälligen Blick vom Balkon passt Rohn den Moment gerade so ab, dass sich ein harmonisches Gleichgewicht zwischen dem auftauchenden blauen Laster und einem orange farbenen Zelt ergibt.
Weil dem Künstler das Reisen nicht mehr sonderlich interessiert, sieht er sich in seiner Umgebung genau um. In Jüterbog hat er auf einem Armeegelände einen alten Artillerie Kommandostand entdeckt. „Der steht dort wohl schon seit Jahrhunderten, erst unter Wilhelm, dann haben die Nazis weitergebaut und schließlich die Russen“. Aus dem Foto des baufälligen, aber immer noch mächtigen Gebäudes scheint unmittelbar die Geschichte zu sprechen. Das Bild eines überwucherten und von Birken eingerahmten Wagons interpretiert Rohn mit den Worten: „Das soll der Eisenbahnwagon sein, mit dem Stalin zu den Friedensverhandlungen nach Potsdam gekommen ist“. Er glaube nicht so recht an die Legende, trotzdem sei es eineschöne Geschichte.
Auch andere Aufnahmen Rohns haben mehr zufällig als geplant Momente der Geschichte eingeforen. Zwei Bilder zeigen Steinstatuen. Eine ist hinter Baugeräten versteckt, die andere liegt fast unsichtbar im Laub. Die Figuren sind vom gesprengten Stadtschloss Potsdam übrig geblieben und lagerten lange fast vergessen so im Laub, wie sie Rohn fotografiert hat. Vermutlich werden sie beim Neuaufbau des Schlosses wieder ihren Platz finden. Der Künstler hat wie in einem Schnappschuss die bald vergessene Zwischenzeit auf den Film gebannt. Die Stadtplaner wussten noch nicht so recht, ob sie an altes anknüpfen oder doch lieber etwas neues erfinden sollten. „Das ist ein Schnitt in der Wirklichkeit. Die ist wie ein Wurm, den kann man entzwei schneiden, aber die beiden Hälften kriechen doch weiter“, kommentiert der Zeitzeuge. Manche Fotos sind zu Serien gruppiert. „Als die Welt noch kälter war“, ist der Titel mehrer Eislandschaften. Ob der Klimawandel den Winter wirklich schon vollständig aus Europa vertrieben hat, sei dahin gestellt. Jedenfalls findet sich auf den in alter Technik aufgenommenen Aufnahmen Rohns ein kenntnisreicher Blick auf Details die eine gefrorene Zeit zeigen, die bald verschwunden sein wird.
Galerie ArtMarket, Hermann-Elflein-Str.18b im Luisenforum, Öffnungszeiten: Mi und Fr: 15-19 Uhr und Sa 12-16 Uhr, Weihnachtspause vom 23.-31. Dezember Kontakt: Tel./Fax: 030/8034935
Richard Rabensaat
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