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Kultur: Von wegen Liebeskummer

Friska Viljor begeisterten im Waschhaus

Stand:

„We are happy now“ ist nicht nur Ausdruck für das Gefühl, das am Freitagabend im Waschhaus dominierte, sondern auch der Song, der die Gemütswende der beiden Begründer der schwedischen Band Friska Viljor dick unterstreicht. Daniel Johansson und Joakim Sveningsson saßen einst, beide gerade von den Freundinnen verlassen, in einer Bar und ertranken ihren Kummer in Alkohol. Und weil Alkohol keine Lösung und Musik vielleicht die bessere Therapie ist, beschlossen die beiden kurzerhand, ihren Liebeskummer zu Musik zu machen und gründeten eine Band. Deren Name, Friska Viljor, bedeutet „frischer Wille“ und in einem Interview befragt, erklärten sie, dass der Name vor allem die Intention, aus einer schlechten Situation das Bestmögliche zu machen, suggerieren soll.

Was auch immer die Freunde dazu angetrieben hat, professionell Musik zu machen, gegen den Liebeskummer hat es ganz augenscheinlich geholfen und das Ergebnis macht einfach nur Spaß. Die Fans danken es ihnen und so war auch das Potsdamer Waschhaus rappelvoll.

Bevor die Jungs im Waschhaus allerdings loslegen konnten, bekam Lena Malmborg ihren Auftritt. Bei ihrer Musik, einem Mix aus Blues und Folk, wurde sie von weiteren Musikerinnen unterstützt und das Bild, das sie den Zuschauern boten, war irgendwie rührend. Da standen drei zierliche junge Frauen mit viel zu großen Instrumenten am Bühnenrand und machten irgendwie nette Musik mit ein wenig Hippiestyle.

Das war angenehm und unterhaltsam, aber was danach kam, war unschlagbar!

Mit „Daj Daj Die“,dem ersten Song ihres neuesten Albums „For New Beginnings“, stiegen Friska Viljor in die Show des Abends ein – und foppten das Publikum gewaltig. Das wiegte sich gerade in anrührender Traurigkeit, die „Daj Daj Die“ vermittelt, als sich plötzlich Schlagzeug und Bass gegenseitig befeuerten, Banjo und Keyboard sich auf die entstehende Energiewelle schwangen, die dann auf alle im Saal überschwappte. Ohne Pause spielten Friska Viljor die nächsten zwei Songs und rissen ihre Zuhörer mit in einen emotionalen Taumel, der fast eineinhalb Stunden andauern sollte.

So wurde dieser Abend zu einem Abend der Superlative. Eine extrem gut gelaunte, energetische Formation spielte vor unglaublich tanzwütigem, textfesten Publikum. Rührte alle mit „If i die now“, machte mit „Monday“ einen Ausflug in den Pop und beschenkte die Fans mit „Shotgun Sister“, dem wohl meistgehörten und -geliebten Song der Band.

All die „OhOhOh’s“ und „LaLaLa’s“ animierten zu lautem Mitsingen und der Sound von Friska Viljor, der an alles andere, aber nicht an Liebeskummer erinnert, fuhr in die Beine und machte aus dem Publikum eine wogende und hüpfende Menge. Und dieses Miteinander von Band und Publikum gab dieses „We are happy now“-Gefühl, im wahrsten Sinne des Wortes. Beide wollten nicht so richtig voneinander lassen, schenkten sich drei Zugaben und das breite Lächeln auf den Gesichtern der Musiker sprach Bände.

Aber jeder Abend ist einmal zu Ende, dachte man, nachdem die Musiker scheinbar endgültig hinter der Bühne verschwunden sind und war in Gedanken schon ein wenig auf dem Heimweg, da kamen Friska Viljor noch ein viertes Mal auf die Bühne und holten ihr Publikum zurück, indem sie erneut „Shotgun Sister“ anspielten. Dann trat der Sänger Joakim plötzlich vom Mikrofon zurück, gab seinen Fans die Stimme und ließ sie dieses Lied allein singen. Einen schöneren Liebesbeweis gibt es nicht und Abende wie diese sind so selten. Andrea Schneider

Andrea Schneider

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