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Kultur: Vorbei an Gelbfelberich und Hechtkraut „Im Garten vorgelesen“ mit Fontane

Ist er der Rolls-Royce unter den Potsdamer Landschaftsgärten oder eher ein Ferrari, Bentley oder Lamborghini? Müßig darüber zu rätseln, denn was Charlotte Joop ihr Eigen nennt, ist auf jeden Fall ein Kronjuwel.

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Ist er der Rolls-Royce unter den Potsdamer Landschaftsgärten oder eher ein Ferrari, Bentley oder Lamborghini? Müßig darüber zu rätseln, denn was Charlotte Joop ihr Eigen nennt, ist auf jeden Fall ein Kronjuwel. Nicht nur in Bornstedt, wohin am windkühlen Sommeranfang zahllose Hörhungrige pilgerten, die den Garten und seine „Gärtnerin aus Gartenliebe“ ins Herz geschlossen haben. Beim „Im Garten vorgelesen“ suchten sie am Sonntag Entspannung und fanden Erbauung. Theodor Fontanes weithin unbekannte Erzählung „Onkel Dodo“, verbunden mit einem anschließenden Wandelkonzert, stand auf dem Programm.

Der Gastgeberin bereitwillig geöffnetes Refugium sei ein „Garten der Raum hat, verschiedene Landschaftsformen vorweist, üppige Blühfülle zeigt und auch zum Ernten da ist“, so Urania-Chefin Renate Bormann bei ihrem Vortrag auf das landschaftsgärtnerische Kleinod mit seinen reizvollen floralen Rabatten und verwunschenen Winkeln. Sie zu entdecken gibt es nach dem gelesenen Wort reichlich Gelegenheit. Nachdem das Vater-Sohn-Klarinettenduo Michael und Matthias Simm mit einer unbeschwerten Mozartschen Originalkomposition für passende Einstimmung gesorgt hat, zieht Potsdams Vorleser Klaus Büstrin das Publikum sofort in den Bann.

Was Fontane, als ruhesuchender Rekonvaleszent in verwandtschaftlicher Geborgenheit zunächst sehr weitschweifig, aber auch feinfühlig beschreibt, gerät unmerklich in turbulentes Fahrwasser, denn es wird das Eintreffen von Onkel Dodo angekündigt. Der „Mutterbruder der gnädigen Frau, alter Junggeselle“, so der Diener des Hauses zum Autor, ist zudem ein Frischluftfanatiker, was dieser im weiteren Verlauf des akribisch beschriebenen Geschehens unentwegt zu spüren bekommt. Für den kraftstrotzenden, keinen Widerspruch duldenden, skurrilen und dennoch liebenswerten Poltergeist findet Klaus Büstrin die entsprechend martialischen Töne. Burschikoser Witz, freundliche Ironie und Lebensweisheit sind mit theatralischem Temperament vorgetragen. Nachdem man Onkel Dodo ins Herz geschlossen hat, folgt dessen Abschied per Bahn: im offenen Abteilfenster mit damit verbundener Zugluft.

Kaspar Kummers elegische Variationen über „Freut euch des Lebens“ für Flöte (Christiane Hoch), Gitarre (Brigitte Breitkreuz), Violoncello (Karin Liersch) leiten von der Hof-Lesung zum GartenWandelkonzert über. Und auch auf dem Bootssteg am Teich, mit Hechtkraut und Seerosenteppich à la Monet, spielt das Trio gefällige Piecen von Boccherini, Schubert und Schumann. Währenddessen erfreut sich das Auge an einem Arrangement aus Rohrkolben, Wasserdost, Flamingobaum, auch „Harlekinweide“ genannt, Gelbfelberich und Riesenschachtelhalm. Über weichem Rasenteppich geht es zur Wohnhausterrasse, wo Ulrike Fabienke (Oboe), Christiane Moser (Blockflöte) und Helgrid Pippig (Cembalo) mit feinfühliger Hingabe diverse barocke Triosonaten spielen. Dazu singen Amseln ein fröhlich Lied. Man hört diesem wie jenem zu, lustwandelt, plaudert und genießt. Peter Buske

Peter Buske

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