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Und jetzt alle zusammen. Die Klassen probten nur kurze Zeit gemeinsam.

© promo

Kultur: Vorromantisch singen

Mit Potsdamer Grundschülern hat Musikpädagogin Friedhilde Trüün Bach-Werke interpretiert

Von Sarah Kugler

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Wie klingt eine kleine Geschichte über den Taktstock, den Puderwahnsinn des 18. Jahrhunderts oder die Entwicklung des Menuetts im Chorgesang? Kann eine Geschichte überhaupt klingen? Mit dem Projekt „SingBach“ hat Friedhilde Trüün 170 Drittklässler von insgesamt acht Schulen aus Potsdam und Umgebung zusammengebracht – und mit ihnen Stücke von Bach interpretiert. Wie das nun klingt, ist am morgigen Sonntag im Nikolaisaal zu hören.

Das Besondere dabei: Auf die instrumentalen Stücke des Komponisten, der in diesem Jahr seinen 330. Geburtstag feiern würde, hat Trüün Texte schreiben lassen, die eine kindgerechte Kulturgeschichte rund um das Leben und die Zeit von Bach erzählen. Da die Schüler am Sonntag alle Texte auswendig vortragen werden, gibt es zu jedem Stück bestimmte Gesten, die Trüün beim Dirigieren einfließen lässt. „Den Kindern fällt dann ganz schnell wieder ein, an welcher Stelle welche Zeile gesungen wird“, so die studierte Kirchenmusikerin und Kinderstimmpädagogin. Seit fünf Jahren betreibt sie ihr „SingBach“-Projekt bereits, immer mit verschiedenen Schulen in ganz Deutschland.

Die Idee dazu verfolgte sie allerdings schon viel länger: Als Kind durfte sie Bachs Matthäuspassion singen und war seitdem fasziniert von der Musik des Komponisten. „Für mich war das damals einer der schönsten Momente meiner Kindheit und ich mich möchte dieses Gefühl gerne weitergeben“, sagt sie. In ihrer Lehrtätigkeit hat sie immer wieder festgestellt, dass man eine solche Begeisterung früh genug wecken muss, denn später, im jugendlichen Alter seien nur noch die wenigsten für Bach zu begeistern. „Irgendwie mögen Teenager mehr das Romantische“, sagt Trüün und lacht. In der Grundschule hat sie da viel bessere Chancen, auf offene Ohren zu stoßen.

Den letzten Anstoß gab ihr der Film „Rhythm is it“, in dem Dirigent Simon Rattle und Choreograf Royston Maldoom eine Aufführung von Igor Strawinskys Ballett „Le sacre du printemps“ mit 250 Schülern einstudieren. „Da habe ich gedacht: ,Was die können, das kann ich auch.’ Und dann ging es los“, so Trüün. Für die Potsdamer Aufführung wurde sie vom Nikolaisaal angefragt, der das Projekt auch für die Schulen ausgeschrieben hat. Zunächst gab es dann im vergangenen November eine kleine Fortbildung für die Lehrer, in der sie das komplette Programm selbst durchgesungen haben und in Trüüns Methoden eingeführt wurden. Wie Ulrike Schüler, Musiklehrerin an der Neuen Grundschule Potsdam, sagte, hätte gerade Letzteres sehr geholfen, den Kindern in der anschließenden Probezeit die Lieder erfolgreich zu vermitteln. Denn einstudiert wurde das Programm an den jeweiligen Schulen im Musikunterricht.

Erst in der vergangenen Woche wurden alle Kinder an drei Probetagen im Nikolaisaal zusammengeführt, um gemeinsam die Choreografie, das Abgehen, das Verbeugen und sogar noch zwei neue Lieder zu üben, nämlich „Gebt mir meinen Jesum wieder“ und „Jesus bleibe meine Freude“. Zwei sehr schwere Stücke, die Trüün nicht immer einstudiert. „Das geht nur, wenn Lehrer und Kinder bereit dafür sind, aber hier habe ich gemerkt, das funktioniert sehr gut und die Kinder haben es sehr schnell aufgenommen“, so die Dirigentin. Natürlich hätte es auch immer mal wieder zappelige, unkonzentrierte Momente gegeben, aber insgesamt sei die Begeisterung der Kinder sehr groß gewesen, was auch Musiklehrerin Schüler bestätigt. „Diese Erfahrung, etwas gemeinsam zu vollbringen, das hat uns auch zusammengeschweißt“, sagt sie. „Wir haben alle viel gelernt dabei und ich würde das jederzeit wieder machen.“ Ein Eindruck, den auch ihre Kollegin Martina Beeck von der Waldstadt-Grundschule teilt. „Ich bin so froh, dass ich das entdeckt und mitgemacht habe“, sagt sie. Sie habe die Kinder dabei noch mal völlig neu kennengelernt. Das ist, findet sie, einfach ein großes Glück. Sarah Kugler

Das „SingBach“-Konzert findet am Sonntag um 15 Uhr im Nikolaisaal Potsdam statt. Der Eintritt kostet 6 Euro

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