Kultur: Vorzüglich: Prager Bläser im Alten Rathaus
Peinlich, peinlich der Anblick, der sich den Musikern des Prager Bläserquintetts im nüchternen Theatersaal des Alten Rathauses bietet. Ihnen sitzt ein Dreifachquintett zahlender Kunden gegenüber.
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Peinlich, peinlich der Anblick, der sich den Musikern des Prager Bläserquintetts im nüchternen Theatersaal des Alten Rathauses bietet. Ihnen sitzt ein Dreifachquintett zahlender Kunden gegenüber. Dem Verein zur Förderung musikalisch-literarischer Soireen als Veranstalter ist die Situation reichlich unangenehm. Waren die Musices pragensis doch extra für diesen Auftritt aus der Moldaumetropole nach Potsdam angereist. Sie lassen es sich nicht verdrießen, bieten Kammermusik in nahezu privat-intimer Atmosphäre. Dazu hat das Ensemble, 1928 vom Oboisten und späteren bekannten Dirigenten Vaclav Smetacek gegründet und längst zu einer internationalen Nobeladresse bläserischer Vorzüglichkeiten gehörend, unterhaltsame Stücke aus dem schier unerschöpflichen Repertoire für diese klassische Besetzung mitgebracht. Im Stile der traditionsreichen Harmoniemusiken erklingt zu Beginn Mozarts „Zauberflöten“-Ouvertüre in reizvollem Arrangement. Dabei sorgen die charakteristischen Klangfarben der Instrumente für einen vollwertigen „Ersatz“ des Originals. Die Fünf, böhmische Musikanten wie man sie kennt und liebt, lassen schon hier durch ihr perfektes Zusammenspiel aufhorchen. Herrlich gelöst deuten Jan Machat (Flöte), Juri Likin (Oboe), Vlastimil Mares (Klarinette), Jan Voboril (Horn) und Milos Wichterle (Fagott) Mozarts F-Dur-Divertimento KV 213. Dabei sparen sie weder mit geistreichen und feurigen, noch bodenständig stampfenden oder quicklebendigen Spieleinfällen. In Gisbert Näthers Drei kleinen Stücken op. 68 kobolzt es munter um die Wette. Im Allegro scheinen Petruschka, Burratino, Guignol und Till Eulenspiegel als eine Person ihre schier atemlosen Späße zu treiben. Das besinnliche Larghetto hört sich an, als brächten sie ihrer Geliebten ein Ständchen. Im Allegro vivace gesellt sich noch Pinocchio hinzu – der Tollereien ist kein Ende. Als Dankeschön für den herzlichen Beifall erklingt es schließlich noch einmal als Zugabe. Zuvor sorgt des Franzosen Darius Milhaud vergnüglich-fantasievolle Suite „Le cheminee du roi René“ op. 205 (Kamin des König René) für mannigfaltige Abwechslungen. Ob geruhsam-anschauliche „Morgenserenade“, kapriziöse „Jonglerie“ oder elegischer Abgesang im „Madrigal-Nocturne“ – stets treffen die Prager Bläser den einprägsamen, dennoch gedankenkonzentrierten Stil des Komponisten mit seiner melodischen, harmonischen und rhythmischen Einfachheit mit aller gestalterischen Raffinesse. Aus Beethovens Es-Dur-Sextett op. 71 für jeweils zwei Klarinetten, Hörner und Fagotte eliminieren die Prager die Doppelbesetzungen, verteilen die restlichen Stimmen auf die ihrer Besetzung gemäßen Instrumente. Diese Verfahrensweise hätte man allerdings publik machen sollen. Was im Original sehr ausgewogen klingt, wird nun durch eine unschön in den Vordergrund drängende Flöte gestört. Als besänftigender Mittelpunkt des vielstimmigen Disputs erweist sich das Horn, das die Aufgeregtheiten zu glätten versucht. Doch immer wieder quäkt die Oboe vorlaut dazwischen, dann ist''s das Fagott mit seinen kecken Zwischenrufen. Die anspringende Freude des Stücks und seiner Spieler ist zu spüren.Peter Buske
Peter Buske
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