Kultur: Wachsende Kritik
Der Unmut über Wilfried Peinke wächst, doch den Waschhaus-Geschäftsführer ficht das nicht an
Stand:
Es gibt Tendenzen in der aktuellen Diskussion um die Waschhaus gGmbH, die einen hoffnungsvoll stimmen. Andere dagegen machen einem gehörig Angst.
Anfang April hatten die PNN unter dem Titel „Neue Richtung“ ausführlich über die Bemühungen von Wilfried Peinke, Geschäftsführer der Waschhaus gGmbH, berichtet, dem traditionsreichen Veranstaltungshaus in der Schiffbauergasse ein neues Profil zu geben. Peinke, seit zwei Jahren im Amt, will Veranstaltungen anbieten, die sich rechnen. Denn, so sagte er den PNN, die Zuwendungen, die das Waschhaus durch Stadt und Land erhalte, würden noch nicht einmal ausreichen, um die Betreiberkosten zu decken. Institutionen, die seit Jahren das Waschhaus prägen, bekamen die Auswirkungen dieser neuen Richtung schon zu spüren. Für die Eigenproduktion „Die Heimsucher und der Kosmopolit“ der Oxymoron Dance Company stand auf einmal kein Geld zur Verfügung, obwohl Peinke diese Produktion in seinem Wirtschaftsplan für 2011 aufgeführt hatte. Der Wirtschaftsplan, der Land und Stadt als Grundlage für ihre jährliche Förderung vorgelegt wurde.
Auch die hauseigene Galerie Kunstraum, in der in den vergangenen Jahren immer wieder herausragende Ausstellungen zu sehen waren, stellte Peinke zur Disposition als er sagte, dass er sich diese Ausstellungen nicht leisten könne und er überlege, den Kunstraum an andere Vereine zu vermieten. Weil eine solche Vermietung natürlich Geld bringt. Und das ist es, was für Wilfried Peinke in erster Linie zählt.
Diese bedenklichen Entwicklungen haben bei nicht wenigen in Potsdam die Alarmglocken schrillen lassen. Das sind die Tendenzen in der aktuellen Diskussion, die einen hoffnungsvoll stimmen. Dass Wilfried Peinke die immer stärker werdende Kritik scheinbar nicht nur nicht anficht, sondern der 62-Jährige ernsthaft glaubt, gute Arbeit zu leisten und davon ausgeht, dass sein Vertrag im kommenden Jahr verlängert wird, macht einem dagegen gehörig Angst.
„Wir haben den nachhaltigen Eindruck, dass Ihr Geschäftsführer die Bedeutung des Kunstraumes für die Gegenwartskunst in Potsdam offenbar völlig falsch einschätzt. Wir bitten Sie, Ihren Einfluss geltend zu machen, damit die Bedeutung der zeitgenössischen Bildenden Kunst in Potsdam nicht durch falsche unternehmerische Weichenstellungen und rein kommerzielles Denken, das zudem die Gemeinnützigkeit des Waschhauses gefährdet, einen herben Rückschlag erleidet“, schrieb kurz nach dem Erscheinen von „Neue Richtung“ die Arbeitsgemeinschaft Gegenwartskunst Potsdam an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Waschhaus gGmbH, Marcel Kankarowitsch. Doch nicht der Aufsichtsrat antwortete, sondern der Geschäftsführer Wilfried Peinke. Und der scheint die Bedenken der Arbeitsgemeinschaft Gegenwartskunst gar nicht zu verstehen.
„Worauf gründet sich also Ihre Sorge um den Waschhaus Kunstraum, die sich sofort in einem offenen Brief an den Aufsichtsrat des Waschhauses und an politisch Verantwortliche in der Stadt und auf Landesebene richtet“, fragt Peinke in seinem Antwortschreiben. Hätte Peinke den Brief der Arbeitsgemeinschaft Gegenwartskunst genau gelesen, hätte er nicht übersehen, dass seine Worte die Sorge ausgelöst hatten. „Die Ausstellungen im Kunstraum können wir uns so nicht leisten. Darüber müssen wir mal reden. Was machen wir jetzt eigentlich mit dem Kunstraum? Ist der Anspruch überhaupt zu halten? Sollten wir uns vielleicht nicht doch mit vielen Vereinen in Potsdam, die Ausstellungsmöglichkeiten suchen, zusammentun und denen eine Heimstätte geben? Und es gibt genug Leute, die gern bei uns ausstellen würden“, wurde Peinke aus „Neue Richtung“ zitiert.
Eine Aussage, die dem Geschäftsführer vor dem Erscheinen des PNN- Artikels zum Autorisieren vorgelegen und die er in diesem Wortlaut auch freigegeben hat.
Doch Peinke fragt: „Warum hat niemand von Ihnen es für nötig befunden, die Seriosität und Richtigkeit des Artikels zu hinterfragen und mich zu befragen?“ Und fügt hinzu, dass die Arbeitsgemeinschaft Gegenwartskunst doch nicht im Ernst annehme, „dass im Waschhaus Kunstraum in spe nur noch Heinrich-Zille-Ausstellungen, untermalt von seichten Volksmusikklängen, stattfinden?“
Aber genau das ist es, was viele in der Potsdamer Kulturszene befürchten, sollte Wilfried Peinke weiter so agieren können wie bisher. Denn in welche Richtung das Waschhaus unter seiner Regie tendiert, zeigt ein Lieblingsprogrammpunkt von Peinke, der bei vielen nur für Kopfschütteln sorgt.
Ausgerechnet das Lustspiel „Im weißen Rössl“, in einer Inszenierung des Brandenburger „event-theaters“, holt Wilfried Peinke als inhaltliche Neuerung im kommenden Monat ins Waschhaus. So soll, laut Peinke, Spaß in die Schiffbauergasse kommen. Aber „Im weißen Rössl“ gleich an drei Abenden? Da stellt sich doch zwangsläufig die Frage, warum für solche Fremdveranstaltungen Geld da ist, für „Die Heimsucher und der Kosmopolit“ der hauseigenen Oxymoron Dance Company aber nicht?
In Leserbriefen an die PNN wurde diese Programmneuausrichtung mit Entsetzen kommentiert. „Herr Peinke sollte vielleicht eine leere Scheune auf dem Dorf mieten und dort sein „weißes Rössl“ reiten“, hieß es unter anderem. Und es wurde gefordert, dass die Verantwortlichen in Stadt und Land endlich reagieren sollen. Die erste Reaktion seitens der Politik folgte prompt.
„Zurückhaltend beurteilt die Potsdamer Sozialdemokratie die Inszenierung des Lustspiels „Im Weißen Rössl“ im Waschhaus. Nicht alles, was sich finanziell eventuell rechne, sei auch inhaltlich erstrebenswert oder gewollt“, schreibt Ortsvereinsvorsitzender Till Meyer. „Das Waschhaus ist kein Ausflugslokal für Bolle, kein Ort für Kaffeekranz und Klamotte“, so Till Meyer. „Wir wollen die Oxymoron-Tanzkompanie. Wir wollen, dass die Waschhaus GmbH ihre Arbeit macht.“ Das ständige Wehklagen Peinkes wegen der Unterfinanzierung kann Meyer nur verwundern. Der Waschhaus gGmbH „340 000 Euro seitens der Stadt und 110 000 Euro Landesförderung zur Verfügung. Hinzukämen 129 000 Euro Mietzuschuss und 65 000 Euro Zuschuss für die Gebäudeinstandhaltung, anteilige Förderung für den Kinosommer und das Marketing.“ Es sorge schon für Stirnrunzeln, wenn der Geschäftsführer erklärt, mit dieser Summe das Haus nicht wirtschaftlich betreiben zu können, so Meyer. Fragen, die sich mittlerweile wohl auch die Stadt und das Land stellen.
Dass sich das Potsdamer Kulturamt in einem Abstimmungsprozess mit dem Geschäftsführer Wilfried Peinke hinsichtlich des inhaltlichen Profils des Waschhauses befindet, hatte Birgit-Katharine Seemann, Fachbereichsleiterin für Kultur und Museum, auf PNN-Anfrage schon Anfang April erklärt. Vergangene Woche hat nun ein Auftaktgespräch mit Wilfried Peinke und Vertretern der Stadt Potsdam und des Kulturministeriums hinsichtlich der aktuellen Entwicklungen stattgefunden. Es sollen weitere Gespräche folgen, sagte Birgit-Katharine Seemann am gestrigen Dienstag den PNN. „Die Landeshauptstadt bleibt bei ihrer Stellungnahme, dass das mit großer Zustimmung der Jury beschlossene Konzept, das im Rahmen der Interessenbekundung eingereicht wurde, Bestand hat“, so Birgit-Katharine Seemann. Ein Konzept, in dem Tanz neben der Bildenden Kunst und dem Bereich Musik zu den wesentlichen Bestandteilen des Waschhauses erklärt wurde und das der Grund war, warum die Waschhaus gGmbH vor zwei Jahren das Veranstaltungshaus in der Schiffbauergasse übernehmen konnte. Birgit-Katharine Seemann erwartet von Peinke, „dass das Waschhaus sich mit der Kritik – auch auf der Basis des Prinzips der Partizipation – gründlich auseinandersetzt und dazu Stellung bezieht“.
Vielleicht wird in den folgenden Gesprächen auch Peinkes fragwürdige Personalpolitik thematisiert. Mehr als wünschenswert wär das. Denn mittlerweile bekennt Wilfried Peinke auch öffentlich, dass er mit Katja Dietrich-Kröck, Leiterin des Kunstraums und mit Anja Kozik, Leiterin der Oxymoron Dance Company, ein angespanntes Verhältnis hat. Erst vor zwei Wochen hat Peinke mit Robert Witsche einen der kreativen Köpfe und für die Organisation so wichtigen Mitarbeiter entlassen. Laut Peinke erfolgte die Trennung nach Meinungsverschiedenheiten. In diesem Zusammenhang ist interessant zu wissen, dass Katja Dietrich-Kröck, Anja Kozik und Robert Witsche Mitarbeiter sind und waren, die für das stehen, was das Waschhaus sein soll. Und nicht für das, was Peinke aus dem Waschhaus machen will. Vielleicht wird dann auch gefragt, warum Peinke Geld für einen Rechtsstreit wegen einer Nichtigkeit mit einer Mitarbeiterin ausgab, den er am Ende verlor. Geld, das er, der ständig über die Finanzen klagt und Inhalte in Frage stellt, plötzlich übrig zu haben scheint. Es geht hier doch schließlich um das Waschhaus und nicht um die Befindlichkeiten und Profilierungsversuche eines Wilfried Peinkes.
Die wichtigste Frage aber, die sich in diesem Zusammenhang stellt, lautet, wann sich endlich der Vorstand, die Gesellschafter zu Wort melden. Sie sind es, die über die Zukunft des Geschäftsführers entscheiden. Und wenn man ihr beharrliches Schweigen zur aktuellen Kritik als Zustimmung für Peinkes neue Ausrichtung interpretiert, kann einem nur Angst und Bange werden.
Dirk Becker
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