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Kultur: Wandlungs- fähiger Bariton

Klaus Büstrin

Stand:

Am 22. September 2006 ist es soweit: Am Havelufer in der Schiffbauergasse wird sich der Vorhang zur neuen Spielstätte des Hans Otto Theaters öffnen. In unserer Serie wollen wir an die vergangenen Jahrzehnte des Theaters erinnern, an Künstler auf der Bühne, dahinter und davor, an Schauspiel- und Musiktheaterereignisse, an Episoden aus dem Theaterleben Potsdams.

HEUTE: Heinz Schmidt

Zunächst war Heinz Schmidt Chorsänger. Doch er wollte mehr. Seine solistischen Fähigkeiten machten sich zunehmend bemerkbar. Und so konnte der am Landestheater Halle Wirkende hin und wieder aus dem Chor heraus treten und in kleineren Partien auf sich aufmerksam machen. Der Sopran-Star des Hallenser Opernensembles in den fünfziger und sechziger Jahren, Philine Fischer, nahm ihn unter seine Fittiche. Am Konservatorium der Händel-Stadt hat der Bariton Heinz Schmidt sein Examen abgelegt. Danach folgte er einem Ruf an das Theater in Wismar, das heute längst nicht mehr existiert.

Auch das Musiktheaterensemble am Hans Otto Theater, zu dem er 1963 wechselte, wurde in den neunziger Jahren aufgelöst. Heinz Schmidt musste dies aber nicht mehr erleben, denn er starb schon 1983 mit 49 Jahren. Mit Sicherheit wäre er über die Entscheidung der Stadt- und Landespolitik traurig gewesen, denn das Potsdamer Sängerensemble war ihm zur Heimat geworden. Er hat mit ihm 20 Jahre lang große Opern- und Operettenabende gestaltet, die in Erinnerung sind. Heinz Schmidt, begabt mit einer schönen, warm timbrierten, kultivierten Stimme, hat Partien am Potsdamer Theater gesungen, die von seiner stimmlichen Wandlungsfähigkeit erzählen, aber er konnte auch darstellerisch den Charakter einer Figur lebenswahr vergegenwärtigen, tragisch endende oder komödiantisch gezeichnete Personen eindrucksvoll auf die Bühne bringen. Beispielsweise an Händels Julius Cäsar, dem er fast buffoneske Züge gab. Das war überzeugend, denn hätte er das ernsthaft Heldische in seiner Darstellung angestrebt, wäre sie bei seiner Körpergröße unfreiwillig komisch geworden. Heinz Schmidt hatte viel Humor, er konnte sich selbst auf „die Schippe nehmen“.

Mit Regisseur Peter Brähmig hat der Bariton den Cäsar wie die meisten, die er am Hans Otto Theater sang, erarbeitet. Dazu gehörten auch Mozarts Graf Almaviva oder der Masetto in „Don Giovanni“, die vor allem stimmlich ganz anders gearteten Rollen in den großen italienischen Opern von Verdi, Leoncavallo und Mascagni, des Franzosen Offenbach. Mit großer Wärme gab er den besorgten Vater und genarrten Narren Rigoletto ein leidenschaftliches, menschlich packendes Profil! Auch der Georges Germont in „La Traviata“ verriet ebenfalls, dass er den affektgeladenen, blühenden Pathos der italienischen Oper genauso hervorragend singen konnte wie die Mozart“sche Leichtigkeit. Heinz Schmidt gehörte zu den profiliertesten Sängern des Hans Otto Theaters, die unvergessen bleiben.

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