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Kultur: Warum ich Hilde Domin lese

20 Lesungen im 20. Jahr

Stand:

Aus Anlass seines 20-jährigen Literaturladen-Jubiläums lässt Carsten Wist in den kommenden vier Wochen neben bekannten Schriftstellern auch Freunde und Angestellte lesen. Die PNN fragen, warum sie sich ausgerechnet für einen bestimmten Autoren entschieden haben. Am heutigen Mittwoch, 19 Uhr, liest Frank-Volker Merkel im Literaturladen Gedichte von Hilde Domin. Der Eintritt ist frei.

„Ich mochte Hilde Domins Lyrik seit jeher, einige Gedichte liebe ich, von anderen bin ich fasziniert. Was ganz gewiss auch mit ihrem Schicksal zu tun hat. Da unterrichtete ich vor Jahren (aber in diesem Jahrtausend!) Abiturienten: Wir besprachen Exilliteratur, ich gab einen kurzen Abriss von Domins Lebenslauf, sagte ihr Geburtsjahr auf, sprach von ihrem und ihres Mannes Rom-Aufenthalt und der Flucht vor Nationalsozialisten und Faschisten, stellte ihre Dankbarkeit dem Gastland gegenüber durch die Namensänderung dar.

Und jetzt kommt etwas, was man nicht erfinden kann, nämlich eine recht gruselige Geschichte, die mich mit ihr verbindet – und von der sie natürlich nicht wusste. Diese Geschichte ist wahr:

Ich musste dem Leistungskurs Deutsch bekennen, dass mir Hilde Domins Todesjahr entfallen ist. Aber sie war alt nunmehr als 1912 Geborene. „Ich hole das morgen nach!“

Und ich stieg ins Auto und hörte in irgendwelchen Kulturnachrichten, dass Hilde Domin an diesem Abend im Literarischen Kolloquium am Sandwerder aus ihren Gedichten liest. Natürlich war ich da, hatte sogar ein nettes Gespräch mit ihr.

Meine heutige Lesung ist der soundsovielte Versuch, Abbitte zu leisten.“

Frank-Volker Merkel ist unter anderem Übersetzer und Buchliebhaber

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