Kultur: Was China wirklich will Filmgespräch zur Doku „Kampf um Tibet“
Nur selten dringen Nachrichten aus Tibet, dem zentralasiatischen Hochland, zu uns vor. Wenn, dann suggerieren meist Berichte über chinesische Polizisten, die auf buddhistische Mönche einschlagen, einen religiösen oder kulturellen Konflikt.
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Nur selten dringen Nachrichten aus Tibet, dem zentralasiatischen Hochland, zu uns vor. Wenn, dann suggerieren meist Berichte über chinesische Polizisten, die auf buddhistische Mönche einschlagen, einen religiösen oder kulturellen Konflikt. Die tatsächlichen Hintergründe dieses Konflikts beleuchtete die Dokumentation „Kampf um Tibet“ der Regisseure Shi Ming und Thomas Weidenbach, die am Samstagabend im Filmmuseum Potsdam in Zusammenarbeit mit der Tibet Initiative Deutschland e.V. gezeigt wurde.
Dass sich hinter dem Konflikt handfeste geopolitische und vor allem ökonomische Interessen verbergen, wird nicht überraschen. Aber schon die Entstehungsgeschichte des Films zeigt, dass solche Interessen selten auf den ersten Blick zu erkennen sind: Ursprünglich, so erzählte Regisseur Shi Ming, hatte ihn die seit zehn Jahren in ganz Nordchina herrschende Wassernot zu Recherchen bewogen. Über das Problem der Umleitungen von Wasser führten ihn diese Nachforschungen nach Tibet. Denn das Himalaya-Gebiet gilt als die wasser- und schneereichste Region der Erde. In Tibet stieß er auf viele Fragen, die seine Filmkonzeption veränderten: „Wenn man die fast koloniale Art der chinesischen Führung verstehen will, um jeden Preis Wasserressourcen in Tibet auszubeuten, kann man das nicht, ohne die Geschichte der Kommunistischen Partei, so Shi Ming. Wenn man diese Politik verstehen wolle, kommt man nicht um die Geschichte des Kalten Krieges herum.
Kernstück der Dokumentation ist jedoch die Offenlegung der gigantischen Pläne zur Erschließung der Wasserressourcen Tibets, die China nicht grundlos geheimzuhalten versucht. Mit mehr als 100 geplanten Staudämmen in Tibet und dem Projekt Himmelskanal, mit dessen Bau – quasi unbemerkt von der Weltöffentlichkeit – bereits begonnen wurde, soll innerhalb der nächsten 20 Jahre das größte Wasserumleitungsprojekt der Menschheitsgeschichte geschaffen werden. Das Wasser, das chinesischen Mega-Städten die weitere Expansion ermöglichen würde, fehlt dann am Unterlauf der gestauten Flüsse, was Indien bereits jetzt zu Protesten veranlasst hat.
Shi Ming und der Menschenrechtsaktivist Man-Yan Ng, die beide zur Filmdiskussion gekommen waren, bewerten den Konsumismus kritisch. „Konsum ist unsere größte Schwäche“, so Shi Ming. In seinen Augen müssen sich sowohl die Tibeter als auch die Chinesen davon verabschieden. Man-Yan Ng wies darauf hin, dass beide Völker schicksalhaft miteinander verbunden seien: Ohne Freiheit in China werde es auch kein freies Tibet geben. Auf die Frage, was die Bundesregierung denn zur Verbesserung der Situation in China tun könne, antwortete er: „Wenn der Preis eines großen wirtschaftlichen Auftrages aus China in der Missachtung der Menschenrechte und ökologischer Zerstörung besteht, so sollte die Bundesregierung diesen ablehnen.“ Und Shi Ming ergänzte: „ Es gibt von China nichts zu lernen.“ Gabriele Zellmann
Gabriele Zellmann
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