Kultur: Was für ein Erlebnis!
Bassiona Amorosa in der Erlöserkirche
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Wenn die Kontrabässe summen und brummen, hat das einen ganz speziellen Reiz. Und keiner hat das Spiel auf diesen Orchesterelefanten so perfektioniert wie die sechs Musiker von Bassiona Amorosa. Das weltweit wohl einzigartige Kontrabassensembles bescherte der Erlöserkirche in der Brandenburger Vorstadt ein sehr gut gefülltes Haus und den Zuhörern ein reines Vergnügen. Es war das erste Konzert nach zwölf Jahren in der Wahlheimat von Klaus Trumpf, der die Formation vor sechzehn Jahren gegründet hat. Der 73-jährige ehemalige Solokontrabassist an der Staatsoper Berlin und Professor an der Münchner Musikhochschule führte begeistert durch das abwechslungsreiche Programm. Die Freude, dass seine einstigen Schüler solch ein grandioses Ensemble bilden, war ihm anzumerken. Inzwischen spielen sie in renommierten Orchestern und kommen nur noch für die Konzerte von Bassiona Amorosa zusammen. Gemeinsam bilden sie eine unwiderstehliche Mischung aus Musikalität, Spielwitz und Virtuosität. Wer sie nur gehört und nicht gesehen hat, mag nicht glauben, dass es sich dabei um eine reine Kontrabass-Formation handelt. Da schmeicheln schmusige, lange Töne wie dunkler Honig, markantes, dringliches Zupfen erfüllt den Raum mit urigen Vibrationen, mal klingt es tenoral wie im Cello oder sogar bei einer Bratsche, dann wieder treiben und reiben sonore Bogenstriche im Unisono voran. Sie spielen zu zweit, im Quartett oder Quintett und manchen Stücken setzte die großartige Pianistin Lilian Akopova zusätzlich funkelnde Glanzlichter auf. Originalwerke und Arrangements aus Klassik und Romantik, aber auch Zeitgenössisches, eigens für den Kontrabass geschrieben, kamen zu Gehör.
Wenn zu Beginn der zweite Satz aus Mozarts Klavierkonzert C-Dur erklingt, hat das etwas ungemein Beruhigendes und zeigt zudem, dass auch der Kontrabass sehr schön singen kann. Johann Spergers fabelhaftes Duo für zwei Kontrabässe und Giovanni Bottesinis theatralische „Passione amorosa“ versprühen ein Feuerwerk der Töne, weit mehr, als man sonst von diesem Instrument zu hören bekommt, fünfeinhalb Oktaven insgesamt. Bei Paganinis „Karneval in Venedig“ führte Roman Patkoló mit springendem Bogen, flitzenden Fingern und schön schrägem, hohen Spiel am Steg artistische Kunststücke vor. Rasant und jazzig erklangen drei Kompositionen von Giorgi Makhoshvili, der selbst am Kontrabass steht. Daneben ließen Artem Chirkow, Andrej Shynkevich und Ljubinko Lazic ihre Bässe erklingen.
Die technischen Anforderungen sind bei diesem so oft unterschätzten Instrument enorm, aber der Gewinn ist hoch. Denn seine Klänge erreichen tiefere Schichten der Empfindung als andere, wie sich auch in dem originellen vielschichtigen kleinen Stück „Little Prince“ von Mikhail Tariverdiev zeigte. Das umjubelte Konzert von Bassiona Amorosa an diesem Abend hat Friedrich Schillers Behauptung, dass der Mensch nur im Spiel ganz Mensch ist, einmal mehr bestätigt. Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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