Kultur: Was für eine Grütze
Was haben Leipziger Löwenzahn, Rottweiler Badezimmer, Pfungstädter Knopf und Oelsnitzer Barhocker gemeinsam? Es sind Auszeichnungen für das 1995 gegründete Musikkabarett von Dirk Pursche und Stefan Klucke, besser unter dem finsteren Namen „Schwarze Grütze“ bekannt.
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Was haben Leipziger Löwenzahn, Rottweiler Badezimmer, Pfungstädter Knopf und Oelsnitzer Barhocker gemeinsam? Es sind Auszeichnungen für das 1995 gegründete Musikkabarett von Dirk Pursche und Stefan Klucke, besser unter dem finsteren Namen „Schwarze Grütze“ bekannt. Dank großzügiger Unterstützung durch Hallervordens „Wühlmäuse“ traten die beiden Herren mittleren Alters am Samstag in der Waschhaus Arena vor höchst gemischtem Publikum mit ihrem neuen Programm „Bühnenarrest“ auf. Nicht ungeschickt, aber höchst bühnensicher, knüpften die ausgebildeten Musiker an ihren Vorgänger „NiveauwonieNiveauwar“ (2005) an, denn dort bereitete sich ein Herr Peters auf seinen Todessprung vom Dach eines Hochhaus vor. Aber was war davor, und wie kam sein Handy in die Hand eines Bettlers?
as Publikum erfuhr nicht nur das, auch von der Verzicht auf Alkohol und Schweinefleisch noch lange keinen Extremisten macht, oder von einem, der reich wird, indem er sich sukzessive seine Körperteile verhökert. Auch sei die Endlösung der Altersfrage nicht länger ferne, wenn man endlich Rentnerklappen einführen wollte, Kühlschränke mit einem zur Babyklappe umgebauten Gefrierfach gäbe es ja längst. Na ja, das darf man einigermaßen unter schwarzem Humor abhaken, der findet sein Publikum immer. Der Schriftsteller Roald Dahl machte es ja vor. Aber war diese Grütze wirklich schwarz, oder nicht doch eher grau, hellgrau vielleicht? Und was sollte der völlig unprogrammatische Programmtitel bedeuten, der selbst in zwei lockeren Abendstunden keinen lockenden roten Faden zu spinnen vermochte? Wer „Kabarett“ heißen und folglich auch beißen will, sollte auch wissen warum, und wohin – wohlmöglich in die Wade, die fade. Verloren ist, wer je dem rufenden Beifall des Publikums folgt.
Dieser „Bühnenarrest“ hielt jedenfalls nicht, was Schwarze Grütze versprachen, auch wenn sie etwas von den Gebrüdern Blattschuss nahmen, von Ingo-Insterburg-&-Co, mit weniger Lakonik freilich. Der „innerbetriebliche“ Kampf zwischen Blödeln und Anspruch scheint trotzdem noch nicht entschieden. „Bühnenarrest“ fand keinen Adressaten, weil es keinen gab. Man sang und sprach also etwas in Bläuliche hinein, und traf auch weniger ins Schwarze. Publikumsverkehrung ist immer besser als Publikumsverehrung! Die beiden Mannen waren schlichtweg zu lieb und freundlich, und nicht ein bisschen fies! Gut, dass man sich an das höfliche „Sie“ hielt. Es wurde stabgerüttelt und es wurde schüttelgereimt und etwas geblödelt, letztlich kratzte man im ausverkauften Haus doch nur an der Oberfläche, polierte mit leichter Schräglage an den Erscheinungen herum, nichts Ernstes also, nichts Böses: Kein Ziel - kein Biss, so iss’s!
Instrumental, überhaupt musikalisch, sind Dirk Pursche und Stefan Klucke Top, auch Bühnenpräsenz, Improvisationsvermögen, Sprache und Darstellungsart stimmten. Bei einigen Texten war das anders. Angesichts der erwähnten „Preis-Lage“ war das Gebotene eher dürftig. Man hörte von Igelinvasion und Zeckenplage, von den spätpubertierenden Eltern Marvins, von Tinnitus, Ehebruch und Reh-Volte. Dem lieben Publikum aber gefiel, was sich da bei der Schwarzen Grütze zwischen Comedy und Kabarett nur schlecht entscheiden konnte. Gemach, es ist ja noch nicht aller Abend Tag. Nicht umsonst ist gesagt, es käme Licht aus dieser Düsternis. Gerold Paul
Gerold Paul
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