zum Hauptinhalt

Kultur: Was Musiklehrer in Finnland lernen

Potsdamer und finnische Studenten im regen Erfahrungsaustausch

Stand:

Potsdamer und finnische Studenten im regen Erfahrungsaustausch Seit den PISA-Studien steht Finnland im Scheinwerferlicht. Wie kommt das gute Abschneiden der Finnen zustande oder, schlicht ausgedrückt, was haben die Finnen, was wir nicht haben? Sicher gibt es mehr Schnee, Kälte und Dunkelheit als bei uns, doch diese Faktoren dürften eher wenig Einfluss auf das schulische Lernen haben. Es muss andere Gründe geben, Dinge vielleicht, die auf den ersten Blick nicht auffallen. Zwar wurde in der PISA-Studie der Bereich der musisch-ästhetischen Erziehung nicht explizit behandelt, doch gerade hier zeigen sich wesentliche Differenzen zwischen Finnland und Deutschland. Dies war eins von vielen Ergebnissen einer Tagung des Instituts für Musik und Musikpädagogik der Universität Potsdam und der Sibelius-Akademie in Helsinki. Eine Woche lang sprachen und musizierten Dozenten und Studierende beider Institutionen miteinander. Angeregt hatte diesen Erfahrungsaustausch die Potsdamer Professorin für Musikpädagogik Dr. Birgit Jank, zustande gekommen war er in Zusammenarbeit mit dem rührigen Finnland-Institut in Deutschland. Zur Abschlussveranstaltung im Finnland-Haus in Berlin kamen nicht nur Freunde und Angehörige, sondern auch eine Vertreterin der Bundeselternkonferenz und ein Abgeordneter des Bundestages. Beide räumten dem Bereich des musisch-ästhetischen Lernens einen besonderen Stellenwert bei der Erziehung ein. Riitta Tikkanen, Mitarbeiterin im Erziehungsministerium und Dozentin an der Sibelius-Akademie, und fünf ihrer Studenten erklärten das finnische Musikerziehungssystem theoretisch und praktisch. In Finnland ist Musikerziehung eine gesetzlich verankerte Pflicht für alle Schulen von der Grundschule bis zum Gymnasium. Die Ausbildung zum Musiklehrer findet an der renommierten Sibelius-Akademie in Helsinki statt, wo jedes Jahr 25 Kandidaten aufgenommen werden. Unter dem Dach der Sibelius-Akademie werden sowohl zukünftige Musiker für Bühne und Orchester ausgebildet als auch Musiklehrer für Kinder und Jugendliche, anders als Deutschland, wo die Ausbildung für zukünftige Musiker und Musiklehrer stark voneinander abgegrenzt ist. Wie ein finnischer Student berichtete, wirkt sich das Nebeneinander des künstlerischen und des musik-pädagogischen Bereichs sehr bereichernd für das Studium aus. Die ohnehin hohen Ansprüche an die zukünftigen Musikpädagogen steigen dadurch noch mehr. In Finnland existiert ein umfassendes Gesamtkonzept für die Musiklehrerausbildung. Schon bei der Auswahl werden hohe Maßstäbe angelegt. Im Studium sind drei Instrumente Pflicht, vokale Ausbildung, Klavier und ein Instrument nach freier Wahl. Es werden alle Bereiche der Musik gelehrt, Klassik, Jazz und Pop und, als Besonderheit, Volksmusik, die in der Musikerziehung eine besondere Rolle spielt, auch in Verbindung mit Bewegung und Tanz. Nach zwölf Semestern wird das Studium mit dem Master-Titel abgeschlossen. Die Absolventen können anschließend in allen Schulzweigen arbeiten und genießen ein wesentlich höheres Ansehen als in Deutschland, wie berichtet wurde. Wie man das hier zu Lande eher ungünstige Image der Musiklehrer stärken könne, war denn auch eines der Anliegen von deutscher Seite aus. Obwohl in zahlreichen Studien die Bedeutung des Musikunterrichts für die emotionale, kognitive und soziale Entwicklung der Kinder nachgewiesen wurde, nimmt er in der schulischen Realität oft noch ein stiefmütterliches Dasein ein. Als Argumentationshilfe können bald die sechs Thesen des Deutschen Musikrates „Warum Musikunterricht unverzichtbar ist“ dienen, an denen Birgit Jank mitgearbeitet hat und die sie vorab präsentierte. Welch leuchtende Früchte der Unterricht an der Sibelius-Akademie und am musikpädagogischen Institut der Universität Potsdam trägt, zeigte sich beim abschließenden Konzert. Studierende beider Institute begeisterten die zahlreichen Zuhörer mit finnischer Volksmusik und Klassik, deutschen Liedern und internationalen Instrumentalwerken. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })