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Kultur: Wechselbäder mit Bach

Orgelsommer-Konzert mit Kolbein Haga in der Erlöserkirche

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Orgelsommer-Konzert mit Kolbein Haga in der Erlöserkirche Bachs Präludium in e-Moll BWV 548 sei eigentlich eine Fantasie über eine weltliche Kantate, lässt der norwegische Organist Kolbein Haga vor seinem Orgelsommer-Auftritt in der Erlöserkirche den Zuhörern mitteilen. Deshalb beabsichtige er, diesen Teil des Doppelpacks (zu dem natürlich noch eine handfeste Fuge gehört) nicht im sonst üblichen vollen Orgelwerk zu spielen. Er werde das Stück, ganz gegen die Tradition, empfindsam registrieren. Gesagt, getan. Zart getönt und verinnerlicht im Ausdruck, spielerisch leicht, ja geradezu heiter und gelöst breitet er die Themen aus. Doch an diese Duftigkeit, der leider die Gefahr der tönenden Beliebigkeit respektive der Spannungsarmut innewohnt, muss man sich erst gewöhnen. In der anschließenden Fuge ist dann weitgehend alles den traditionellen (Klang-)Vorstellungen entsprochen: sie ertönt scharf, klar in den Konturen und zupackend – sozusagen mit Biss. Von diesen Wechselbädern hält der reichlich einstündige Abend mit dem Orgelprofessor aus dem norwegischen Sandnes eine Menge bereit. Seine kirchenmusikalischen Kenntnisse erwarb sich der 1952 Geborene während seiner Studien an der Musikhochschule in Oslo und am Königlich-dänischen Musikkonservatorium Kopenhagen. Ein Zusatzstudium absolvierte er beim legendären Orgelpädagogen Johannes Ernst Köhler in Weimar. Ein Vierteljahrhundert stand Haga als Kantor in Diensten der norwegischen Staatskirche. Das hat ihn und sein künstlerisches Orgelspiel geprägt. Nach dem Wittenberger Ulrich Lamberti bringt auch er ein reines Bach-Programm an der Schuke-Orgel zu Gehör, in welchem die Choräle überwiegen. Gleich dreimal erklingt „Allein Gott in der Höh sei Ehr''“, die verschiedenen Sammlungen entstammen. Kolbein Haga spielt sie mit registratorischem Raffinement, quasi kammermusikalisch aufgelichtet. Als Trio Supra erklingt der Choral gedackt und zungenstimmenlieblich; für die zweistimmige Bicinium-Variante wählt er vorzugsweise schnarrende Register, die für recht originelle Wirkungen sorgen. Im traditionellen, vollgriffigen Bach-Sound erklingt das Stück schließlich als dreistimmiger Cantus. Dass er die erste Piece nach wenigen Takten abbricht, um sie neu zu beginnen, mag auch einem professoralen Profi verzeihlich sein; dass solche Fehlgriffe auch beim Vortrag der Sechs Schüblerschen Choräle BWV 645-650 passieren, dagegen kaum. Fortan spielt er unkonzentriert, dann wieder ganz auf Sicherheit bedacht, was einem souveränen Umgang mit den Noten kaum dienlich ist. Trotz aller Vauxpasse zieht er den Schübler-Chorälen effektverheißende Register wie Trompete, Vox humana, Holzgedackt, Nasat, Spitzflöte Bemühen um Erhabenheit zeichnet dagegen die Deutung der Passacaglia c-Moll BWV 582 aus. Sie kommt ohne registratorische Manieriertheiten aus, wird von Kolbein Haga streng artikuliert, schreitet betont gravitätisch wie mit ernst wirkender Pedal-Eskorte einher. Die Fuge gewinnt sich stetig steigerndes Klangvolumen, um schließlich glanzgrandios zu enden. Peter Buske Nächstes Orgelkonzert am 31. 8., 19.30 Uhr, Friedenskirche, mit Daniel Maurer.

Peter Buske

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