Kultur: Weite Räume aus Licht und Farbe
Neue Bilder und Druckgrafiken von Matthias Körner in der Sperl Galerie
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Neue Bilder und Druckgrafiken von Matthias Körner in der Sperl Galerie Von Götz J. Pfeiffer Neue Sichten, unbekannte Einblicke zu geben, ist eine häufig gesuchte Absicht der Kunst. Gelingt es dann noch, dem Betrachter Welten vor Augen zu stellen, die von eigener Gesetzlichkeit und innerer Logik bestimmt sind, erweist sich der Künstler als wahrhafter Schöpfer. Ein solcher ist der Cottbuser Matthias Körner, der in seiner Geburtsstadt lebt und seit 1989 frei schaffend arbeitet. Gut 20 seiner Arbeiten aus den letzten Jahren sind nun in der Sperl Galerie zu sehen. Um fast jedes Bild, manche Radierung habe er mit Körner ringen müssen, um sie ausstellen zu können, meint Galerist Rainer Sperl Augen zwinkernd. Aber das kenne er schon, denn seit 1990 sind Werke des Cottbusers in den Gruppenschauen der Galerie vertreten, 1997 und 2000 wurden Malerei und Grafik in Personalausstellungen gezeigt. Die künstlerische Biographie des 1954 Geborenen ist ungewöhnlich. Erst zu Beginn der 80er Jahre begann er mit autodidaktischen Studien, nachdem er schon als Heilpädagoge und Arbeitstherapeut tätig war. Fast zehn Jahre währte sein Anlauf, bis er 1990 erstmals ausstellte. Seitdem sind seine Arbeiten national und international in Galerien, Kunstvereinen und Museen zu sehen. Aus dem thematisch und werktechnisch konzentrierten Schaffen Körners, der konsequent seine eigene Bildsprache entwickelt, sind für die Ausstellung Bilder von leichter, heiterer Farbigkeit ausgewählt, ergänzt um einige sparsame Radierungen. Und wenn bei anderen Werken die Bezeichnungen „ohne Titel“ wie hilflose Stereotypen wirken, entsprechen sie Körners Arbeiten. Denn hätte er die entfernt gegenständlichen Objekte auf den Radierungen Nummer 15 bis 17 im Titel genannt, hätte er ein Blatt „Mond“, ein anderes „Pflanzen“ betitelt, wäre der Zauber dieser ganz aus Schwarz und Weiß lebenden Hochformate zu schnell in Worte gebannt. Dann wäre dem Betrachter nicht aufgegeben, seinen eigenen Augen zu trauen und sich auf Entdeckungen in den Werken zu begeben. Selbst wenn ein Titel wie „Großer Mond“ an einer farbiger Leinwand zu lesen ist, sollte man dies nur als Hinweis, nicht als Erklärung nehmen. Und sollte man in der großen Sichel nur den Erdtrabanten erkennen, wäre voreilig der Weg verlegt, sie in zwei aufragenden Spitzen - vielleicht Blätter? -, in einer liegenden, in den Boden wie eingesunkenen Form - eine Krone? - und in den sichelförmigen Pinselhieben wiederzuerkennen. Dann wäre eine schwarz konturierte Fläche rechts im Vordergrund sogleich ein Stein? Die schlanke, aufstrebende Form weiter links wohl ein Bischofsstab oder ein entrollter Farn? Die formalen Pfade, auf die Körner seine aufmerksamen Betrachter führt, wären damit kaum beschritten. Und die kühne Farbigkeit von sattem Blau, nuancenreichem Rosa, kräftigem Gelb und leicht getöntem Weiß verlöre ihre Kraft. Auch wenn der Maler lockt, das Querformat „Interieur“ zeige eben dieses, sollte man kritisch sein eigenes Sehen befragen und erkennen, so etwas noch nie gesehen, folglich in eine neue Bildwelt einzutauchen. In dieser entspricht dem thematischen Zugriff und der gegenständlichen Leichtigkeit eine maltechnische Transparenz, die obere Farbschichten mit dem Blick durchdringen lässt, um ständig tiefere, neue zu entdecken. Körner verwendet pastose Lagen in Öl, die er aufträgt, spachtelt, ritzt und kratzt. Er vermalt auch Acrylfarbe, die gleichmäßig und deckend wirkt. Lebendig schon in der Farbe werden seine Bilder, wenn er zur Eitempera greift und für verschieden dichte Lasuren die Mischung von Bindemittel und Pigment bestimmt. Mit dieser Palette aus üblichen Komponenten erreicht der Cottbuser fesselnde Wirkungen von Leichtigkeit und Dichte. Mindestens einem Bildtitel sollte man aber in der Schwere der literarischen Last nachspüren. „Wind, Sand und Steine“ zitiert das mittelformatige Ölbild den übersetzten Titel der „terre des hommes“ genannten Erlebnisberichte Antoine de Saint-Exupérys. Wie der Flieger und Poet die Welt mit dem Flugzeug durchstreifte, scheint auch Körner auf seinen Reisen durch so unterschiedliche Landschaften wie Lappland, Makedonien und Marokko seine Eindrücke in einem Schatz versammelt zu haben, um sie in seinen Arbeiten zu Reflexion und Betrachtung vorzuführen. Und wie bei Saint-Exupéry begegnen symbolische Chiffren, die sich eiliger Erklärung entziehen und fast meditative Versenkung in die Bilder fordern. Selbst im alles erstarrenden Winter sah Körner Farben und Leben. Sein „Wintereinbruch“ zeigt nicht den Schnee, der wie ein Leichentuch das Land zudeckt, sondern vielfach durchscheinende Farbflächen und facettenreich getönte Flocken, deren Schattierungen sich jeder Versprachlichung entziehen. Für einen Winterspaziergang durch das Bild muss sich der Blick nur so weit warm anziehen, dass Geduld und Lust an der Entdeckung gefordert sind. Denn es ist wie auch die anderen Bilder Körners Landschaftsmalerei, die das Auge entführt in weite Räume aus Licht und Farbe. Bis 28. März, Mittelstr. 30. Di-So 12-18 Uhr.
Götz J. Pfeiffer
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