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Kultur: Welttraum ohne Traumwelt

KinderkulturTage endeten mit Clownsspiel

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KinderkulturTage endeten mit Clownsspiel Mit dem „Welttraum“-Familienfest im T-Werk gingen am Wochenende die 11. Internationalen KinderkulturTage zu Ende. Dort, wo eine Woche lang ambitioniertes Kindertheater gezeigt wurde, breitete sich am Samstag ein „Weltmarkt“ der Kulturen aus. Es duftete nach Gewürzen, nach türkischen und afrikanischen Gerichten. Unterm Baldachin wurde getrommelt, während die Kinder von einem Marktstand zum nächsten hüpften. Wer dort etwas erstehen wollte, musste selbst aktiv werden: Ton kneten, indianische Regenstäbe füllen, Seide batiken, ghanaische Motive stempeln oder die sinnträchtigen Symbole der Aborigines auf Masken tupfen. Dieser „Welttraum“ ist keine Traumwelt, sondern der über Jahre erfolgreich praktizierte Versuch, Kindern ein sicheres Gefühl für die Vielfarbigkeit anderer Kulturen zu geben und den Blick für das Fremde in ihrem eigenen Umfeld zu öffnen. Hier ist die Welt ein Dorf, auf dessen Marktplatz man sich wie selbstverständlich begegnen kann. Clown Rodolfo, der nebenan, im zweiten Theaterraum des T-Werks, in einer Holzkiste schlief, hatte es da ungleich schwerer, weil in seiner Umgebung noch gar keine Welt existierte. Zur Crew der Welterfinder gehörend musste er sich die Dinge, die Tiere und Pflanzen, die die Erde künftig bevölkern sollten, erst einmal erträumen. So kam ihm im Schlaf der Einfall, etwas Leichtes, Fliegendes zu erschaffen. Von dieser Idee getrieben, fand Rodolfo keine Ruhe mehr, konnte nicht essen, nicht schlafen. Unaufhörlich kritzelte er auf seinem Zeichenblock herum und erfand nebenbei die kribbelige Ameise, Grashüpfer, Mücke und – die Fledermaus. Immerhin hatte Letztere schon richtige Flügel. Rodolfo aber war von der Hässlichkeit des Tieres so getroffen, dass sein irres Lachen darüber bald in untröstliches Heulen überging. Doch als er sich mit einem himmelblauen Seidentuch die Tränen trocknete, da hatte er ihn gefunden: den Stoff, aus dem seine Träume waren, und er erfand den Schmetterling. Das Potsdamer Theater Goi Goi setzte in seinem Kinderstück „Die Erfindung der Schmetterlinge“ nach der Erzählung von Gioconda Belli ganz auf Clownsspiel und Pantomime, zusammengehalten von der Erzählstimme einer weisen unsichtbaren Frau. Detlef Gohlke mimte den unruhevollen Rodolfo, hetzte über die Bühne, versank in Grübelei, malte mit großer Geste, zerriss, zerknüllte, zerfetzte die misslungenen Entwürfe, um sogleich von vorn zu beginnen. Die vielen poetischen Momente, die er zu erschaffen wusste, hatten jedoch kaum Gelegenheit, in den Kindern nachzuklingen. Das oft hektische Treiben und eine zuweilen aufdringliche, in ihrer Redundanz gar störende Musik, ließ den entstandenen Zauber immer wieder zerplatzen. Erst am Ende, als tausend Lichtpunkte wie Schmetterlinge über das Theaterschwarz schwirrten und Rodolfo zufrieden einschlief, war er wieder zu spüren, der Traum von der Welt, vom Erfinden der Schmetterlinge und anderer nützlicher Dinge. Antje Horn-Conrad

Antje Horn-Conrad

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