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Kultur: Wenig Aufwand, viele Lacher

Mike Krüger kalauert in der Waschhaus Arena

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Man hätte ihn in sein Herz schließen können, wie er dastand, seine Witze riss und mit der Klampfe vor dem Bauch seine Lieder sang. Mike Krüger, der alte und allenthalben geschätzte Mann im heillosen Gemenge der deutschen Comedians tourt derzeit durch die Lande, feiert sein 35-jähriges Bühnenjubiläum und erlebt nach wie vor, dass seine Gäste brüllen und sich vor Lachen die Bäuche halten. Schön, dass er noch immer so gut drauf ist und seine Gags und Mitsingnummern noch so zünden – die konservierten aus der Steinzeit deutscher Komikerkultur besonders.

Und so wurde man am Donnerstagabend in der Waschhaus Arena auch nicht lange daran erinnert, dass ja ein neues Programm auf dem Zettel stand: „Is’ das Kunst oder kann das weg?“ Dazu hatte sich das Nordlicht aus Hamburg mit dem markanten Riechorgan, zwei, drei lustige Episödchen plaudernd, kurzerhand im Lotussitz auf einen Tisch gesetzt und aus einem Umzugskarton zwei Frisbee-Scheiben hervorgekramt, die er wie ein Marktschreier ins Publikum segeln ließ. Wenig Aufwand, viele Lacher. Aber dann ließ Krüger seine gut 250 Gäste auch schon lauthals kehlig den „Nippel“ durch die Lasche ziehen und man war sich einer sympathischen, wenngleich über weite Strecken jahrelang eingeprobten Nabelschau des Nasenmannes recht gewiss.

Entsprechend effektsicher kalauerte sich der Sänger und Komiker fortan auch kreuz und quer durch alle möglichen Themen des alltäglichen Lebens. Viele seiner Witze über die Ehe, das Saufen, die Armeezeit, über Urlaubsreisen, Diäten oder Arztbesuche hatte man schon mal gehört, freilich, und doch klopften sich nach jedem Themenhappen alle beherzt auf die Schenkel und sangen schon wieder einen der Gassenhauer mit, die der routinierte Rampeneber launig, mit der auf Hochglanz polierten Gitarre, da regelmäßig zwischen seine Klamaukkanonaden streute. Erstaunlich, aber wenn es einen Komiker gibt, der auch im Jahr 2010 noch mit Witzen über Gammelfleisch oder Gerhardt Schröder punkten kann, dann wohl nur Mike Krüger.

Immerhin, es gab ja auch Komisches zur Bankenkrise oder den Singlebörsen im Internet zu beschmunzeln. Doch für den 59-Jährigen mag es leichter gewesen sein, statt eines neuen Programms, überwiegend die alten derben Zoten wieder aufzuwärmen und dazu eine handvoll Fremdhits nach eigenem Augenzwinkern umzudichten. Ob dann mit roter Baskenmütze, mit Cowboyhut, in Nietenlederjacke, herrlich nachlässig und dann wieder hemdsärmlig, das Fernsehlächeln der selbsternannten Supernase – Mike Krüger, der gefeierte Profi, erschien seinem Publikum als alter Bekannter. Da stand ja kein Faxenmacher auf der Bühne wie Oliver Pocher oder ein Clown wie der unerträgliche Mario Barth. Nein, Krüger war selbst beim Erzählen uralter Lothar-Matthäus-Witze und den schlimmsten Kalauern noch ehrlich und zudem sehr lässig im kumpelhaften Umgang mit seinen Gästen.

Diese warteten umso geduldiger, bis sie endlich, nach über zwei Stunden, frenetisch klatschend, die Refrainzeilen zu „Bodo mit dem Bagger“ und „Mein Gott, Walther“ mitsingen konnten. Und wie er dastand, am Ende mit ausgebreiteten Armen, da hätte man vor Freude über den Meister, für den neu ist, was meist so klingt wie immer schon, fast ebenfalls feuchtblanke Augen bekommen mögen. Eine Umarmung hätte gerade noch gefehlt. Daniel Flügel

Daniel Flügel

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