Kultur: Wenig Zauberhaftes
Musik, Moderation und Magie am 1. Weihnachtsfeiertag im Nikolaisaal
Stand:
Musik, Moderation und Magie am 1. Weihnachtsfeiertag im Nikolaisaal Simsalabim, dreimal schwarzer Kater. Mit solchem Hokuspokus ist heutzutage keinem Zauberlehrling ein müdes Lächeln zu entlocken. Und auch das bewährte Hexeneinmalseins „Aus Fünf und Sechs, so sagt die Hex'', mach Sieben und Acht, so ist''s vollbracht“ ist arg in die Jahre gekommen. Vielleicht sollte man auf solche geisterbeschwörerenden Formeln verzichten und besser im fantasieanregenden Musiknachlass stöbern, um so die Zaubergeister zu beschwören?! Mit dem Feiertagskonzert „Zauberhaftes zur Weihnacht“ im Nikolaisaal suchten die Programmgestalter neue Wege zu gehen. Es bedurfte wahrlich keines Taschenspielertricks, um Musik, Moderation, Film und Magie attraktiv zu verbinden. Jungfamilien und Jugendliche, die sonst einen Bogen um hehre Musentempel machen, nahmen – ganz cool versteht sich - die Offerten an. Vom Kleinkind bis zur Oma, vom Punk bis zum Professor kam ein jeder auf seine Kosten. Die Sprösslinge konnten sich zuvor an einem Basteltisch im Foyer selbstgemalte Buttons mit Harry-Potter-Motiven prägen lassen. Doch der Zauberlehrling konnte auch nicht helfen, als ihnen im Saal ziemlich unvorbereitet der Klangkrawall des Hexenritts aus Engelbert Humperdincks Märchenoper „Hänsel und Gretel“ hereinbrach. Das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt wurde unter der temperamentvollen Leitung des jungen Dirigenten Dirk Kaftan zu mehr als nur energischem Musizieren angestachelt. Danach lüftete der Moderator Stephan Holzapfel (RBB-Kulturradio) das Klanggeheimnis, um sogleich ein neues anzukündigen. „Ist Kikimora ein guter oder böser Geist?“ Zuvor ließ er vom Orchester Anatoli Ljadows gleichnamige Tondichtung kurz anspielen. Wie und woher sollten die Kinder wissen, wer oder was Kikimora ist? Ein neues Saftgetränk, ein neuer Kingburger? Die Antwort zu dem unausprechlichen Wesen fiel indifferent aus. Danach war es klar: was so keck, spritzig und pointiert aufklang, konnte nur das Porträt eines zu Streichen aufgelegten Plagegeistes sein. Gleiches Verfahren für Ausschnitte aus Sergej Prokofjews „Cinderella“-Ballett. Ist die Winterfee gut oder böse? „Guuuut!“, jubelt''s aus vielen Kinderkehlen. Zu Werk und Komponist gibt''s auch diesmal keinerlei Hinweise aus Moderatorenmund. „Die Hütte der Baba Jaga“ aus Modest Mussorgskys Zyklus „Bilder einer Ausstellung“ erfährt dagegen eine verbale Beschreibung, deren bildhafter Entsprechung sich das Staatsorchester in gebührend grotesker Spielmanier annimmt. Eine hübsche Idee, die Tondichtung „Der Zauberlehrling“ von Paul Dukas zunächst einer „Werkanalyse“ zu unterziehen. Der Moderator erklärt das Geschehen verbal und pantomimisch (wobei er sich die Ideen dazu vom anschließend gezeigten Zeichentrickfilm von Walt Disney ausborgt), lässt das Staatsorchester entsprechende Passagen spielen und befragt die Kinder nach dem, was sie dabei empfunden hätten. Überraschende Antworten bis hin zu der entwaffnenden Bemerkung: „Weeß ick nich, keene Ahnung!“ Drei Steppkes dürfen aufs Podium und als Zauberstab den Taktstock schwingen. Das alles wirkt zunehmend langatmig. Dann endlich flimmert der Film über die Leinwand, und die Musik erklingt als Soundtrack dazu. Sie hört sich regelrecht „knackig“ an, im Vergleich zu der später gespielten, ziemlich banal wirkenden „Harry Potter“-Suite von John Williams. Mit sich neckisch gebenden, kinder-anbiederischen Worten dialogisiert der Moderator mit einem richtigen Zauberer in Gestalt von Dieter Waldmann. Zerrissenes Papier, zu einer Kugel zusammengedrückt, entpuppt sich beim Hervorholen aus der Hand als rote Weihnachtsmannmütze mit anhängendem weißen Bart. „Wenn das nicht mal ein Trick war“, kommentiert Stephan Holzapfel das Ergebnis. Der Gaukler hatte noch einige davon parat. Allerdings schienen sie dem Grundkurs für Illusionisten zu entstammen, wobei das angekündigte Tischschweben mangels Bereitschaft des hölzernen Gegenstandes ausfiel. Alle Beteiligten wurden gebührend gedankt. „Unter Donner und Blitz“ war das Publikum von den Musikern auf den Heimweg geschickt. Peter Buske
Peter Buske
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: