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Kultur: Wenn die Hüllen fallen

Andreas Kleinert stellte seinen Film „Barriere“ vor

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„Anfangs habe ich überlegt, diesem Film eine Widmung voranzustellen: Liebeserklärung an alle Schauspieler, mit denen ich schon gearbeitet habe und mit denen ich noch arbeiten werde. Das erschien mir aber doch zu kitschig“, sagte Andreas Kleinert, der am Dienstagabend im Filmmuseum in der Reihe „Aktuelles Potsdamer Filmgespräch“ seinen Film „Barriere“ vorstellte. „Barriere“ erzählt von den Schattenseiten und der Größe des Schauspielberufes, von dem Andreas Kleinert sagt, dass er eine Art „psychisches Doppelleben erfordert: Einerseits ganz zu sich selbst zu finden, sich andererseits von sich selbst zu entfernen“.

Der Regisseur ist auch Professor an der HFF „Konrad Wolf“ und die 40 000 Euro billige Low-Budget-Produktion auch die Abschlussarbeit für neun Schauspielstudenten der Hochschule. In „Barriere“ machen sich neun junge Schauspieler aus der Großstadt auf den Weg in die Abgeschiedenheit einer Kleinstadt, um dort für eine Sommertheater-Inszenierung des „Hamlet“ vorzusprechen. Eine Woche werden sie gemeinsam proben und das gleiche schäbige Hotel bewohnen. Doch am Ende wird Regisseur Hans Meinhold nur drei von ihnen für die Rollen des Hamlet, des Horatio und der Ophelia auswählen.

Je weiter Zeit und Proben fortschreiten, desto mehr äußere Barrieren fallen nicht nur bei abendlichen Trinkereien oder Liebeleien – auch Konkurrenz und Neid werden immer offensiver ausgelebt. Eher misstrauisch sehen die Bewohner der Kleinstadt auf das Treiben der auffälligen Fremdlinge. Nur der Filmvorführer Timo, der, geht es nach seinem Vater, die Zeit nach dem Schulabschluss nur als Filmvorführer überbrücken soll, „bis er was anderes hat“, ist fasziniert von ihrer Freiheit. Er verliebt sich in eine Schauspielerin. Immer stärker treiben die Realität des Spiels und die Wirklichkeit aufeinander zu, scheinen sich zu vermischen und nehmen am Ende eine unerwartete, tragische Wendung

Berufsanfänger, verehrter Meister seines Fachs oder Laie – Andreas Kleinert hat in „Barriere“ verschiedene Facetten des Berufsstandes vereint: Für die Rolle des erfahrenen Regisseurs Hans Meinhold, dessen Aura noch den Glanz vergangener Erfolge trägt, konnte er Matthias Habich gewinnen. Den naiv-suchenden Kleinstadtjungen Timo spielt Paul Preuss, ein Laie.

Manchmal wirken die Bilder wie die surreale Überlagerung verschiedener Zeit- und Wirklichkeitsebenen: So, wenn am Schluss die ganze Truppe in Hamlet-Kostümierung eine Straße entlang läuft, an deren Rand Windräder stehen. Dass der Film ist in Schwarz-Weiß gedreht ist und die Kamera oft mit Draufsichten, extremen Untersichten oder stürzenden Linien spielt, verstärkt Verfremdungseffekte.

Die Orte Zittau, Görlitz und Oybin boten eine ideale Kulisse für diesen Film, in dem – erstmals für den Regisseur – die Besetzung vorgegeben war. Er schrieb die Geschichte, die auch auf einem Projekt basiert, für das bereits viel recherchiert, aber letztlich keine Geldgeber gefunden wurden, für die Studenten. Dabei gab er jedem die Möglichkeit, selbst Vorschläge für seine Figur zu machen. Natürlich unterbreiteten alle Vorschläge und wollten im Film so präsent wie möglich sein. „Aber nicht jede Figur kann sympathisch sein“, musste ihnen ihr Regisseur pädagogisch geschickt vermitteln. Und schwärmt im Gespräch nicht nur von der Spielfreude der Studenten, sondern auch von der freien, enthusiastischen Arbeitsatmosphäre: „Das geringe Budget macht auch frei. Keiner redet rein, keiner ruft an. Und wenn ich sagte, ich stelle mir vor, dass diese Straße nass ist, gingen alle los, um mit im Asia-Imbiss gefüllten Wassereimern die Straße nass zu machen.“ Wie im Film, hatte die Gruppe auch beim Drehen gemeinsam in einem heruntergekommenen Kleinstadthotel logiert – bis zur Ankunft von Matthias Habich, dem dies doch nicht zugemutet werden sollte.

Den jungen Schauspielabsolventen geht es in der Realität gut. Sie arbeiten an verschiedenen Theatern, eine Absolventin hat im Anschluss ein Lehramt-Studium begonnen. Gabriele Zellmann

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