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Kultur: Wenn die Schildkröten Can-Can tanzen Klassik am Sonntag mit dem Karneval der Tiere

Immer wieder ein großer Spaß ist der „Karneval der Tiere“ – besonders mit dem köstlichen Text von Loriot und vor allem dann, wenn er so schön dargeboten wird wie am Sonntagnachmittag im Nikolaisaal. Die gut aufgelegten Brandenburger Symphoniker unter der Leitung von Michael Helmrath, zwei reizende junge Pianistinnen und der urige Sprecher Stephan Holzapfel entführten die Zuhörer in die zauberhafte Menagerie von Camille Saint-Saens.

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Immer wieder ein großer Spaß ist der „Karneval der Tiere“ – besonders mit dem köstlichen Text von Loriot und vor allem dann, wenn er so schön dargeboten wird wie am Sonntagnachmittag im Nikolaisaal. Die gut aufgelegten Brandenburger Symphoniker unter der Leitung von Michael Helmrath, zwei reizende junge Pianistinnen und der urige Sprecher Stephan Holzapfel entführten die Zuhörer in die zauberhafte Menagerie von Camille Saint-Saens. Seine exzentrische Melange aus Parodie, Ironie und romantischer Schwelgerei begeistert bis heute. Dabei stand der Komponist zu Lebzeiten nur zu seiner Cello-Idylle vom Schwan, und ließ die anderen Nummern in der Schublade.

Schuld daran waren einige Persiflagen auf ältere Komponistenkollegen. Dass aus Jacques Offenbachs Can-Can, dem damals schnellsten Tanz der Welt, ein Schildkrötenballett wurde, ist schon eine Frechheit. Und dass der „Elfentanz“ von Hector Berlioz, dem exaltiertesten Feuerkopf der romantischen Musik, von einer Elefantenballerina getanzt wird, ist noch unerhörter. Welch ein Glück, dass wir uns rund 130 Jahre später uneingeschränkt an Saint-Saens spöttisch-heiteren Albereien erfreuen könnten. Meisterhaft klingen die vierzehn Miniaturen mit ihren luftig-leichten Instrumentierungen, die von den Brandenburger Symphonikern mit Grazie, Anmut und Taktgefühl gespielt werden. An den beiden Pianos erfreuen Lydia Gorstein und Ludmilla Kogan mit trefflichen Tastenspielereien ohne Fehl und Tadel.

Stephan Holzapfel, der sonst den kleinen Zuhörern vom RBB die Klassik nahe bringt, legt sich voll ins Zeug. Loriots beliebter Text, der die humorvollen Karikaturen der Musik noch mehr akzentuiert, wird von ihm sehr gut gesprochen sowie gestisch und mimisch zum Leben erweckt.

Dagegen erscheint die Suite Gli Uccelli („Die Vögel“) von Ottorino Respighi weitaus schlichter. Sie basiert auf Melodien von Renaissance- und Barockkomponisten, die von Respighi rauschend, im impressionistischen Stil instrumentiert wurden. Hier steht die reine Imitation, die „Nachahmung der Natur“ ohne parodistische Anspielungen auf menschliche Befindlichkeiten noch ganz im Vordergrund. Die Brandenburger Symphoniker verzaubern mit zartesten Klängen bis zum leisesten Hauch, die Streicher klingen gedämpft und pianissimo betörend, Flöten, Klarinette und Oboe, selbst die Celesta malen mit transparenten Farben. Von völlig anderer Textur ist Josef Haydns Symphonie Nr. 83 in g-moll. Zwar trägt sie den Beinamen „La Poule“ (die Henne) – der jedoch nicht von Haydn stammt –, aber das ist wohl eher dem notorischen Hang der Musiker zur Parodie geschuldet, als ihrem realen Gehalt. Trotz zahlreicher barocker Anklänge ist diese Symphonie ein Schwergewicht mit Mozartischen Dimensionen, ein veritabler Vorläufer von Mozarts dramatischen g-Moll-Werken. Die Brandenburger musizieren mit pulsierender Leichtigkeit, bringen immer wieder überraschende und ungewöhnliche Tongebilde hervor, so dass das Zuhören nie langweilig ist.

Mit dieser köstlichen Interpretation stellt Generalmusikdirektor Michael Helmrath erneut seine großartige Dirigierkunst unter Beweis.

Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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