Kultur: Wenn die Stadt es will!
Rund 50 Millionen Euro hat die Sanierung der Schiffbauergasse gekostet. Hans Otto Theater und „fabrik“, T-Werk und Kunstraum, Fluxus+, Waschhaus und Trollwerk – Kultur gibt sich geballt an diesem Ort.
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Rund 50 Millionen Euro hat die Sanierung der Schiffbauergasse gekostet. Hans Otto Theater und „fabrik“, T-Werk und Kunstraum, Fluxus+, Waschhaus und Trollwerk – Kultur gibt sich geballt an diesem Ort. Doch trotz der schönen Fassaden, Potsdams Vorzeigekulturstandort steht seit Jahren in der Kritik. Zu wenig Geld für die Inhalte, zu wenig Leben in der Schiffbauergasse. Manche reden sogar davon, dass der Standort totsaniert wurde. Alles übertrieben oder doch leider wahr? In den PNN vom 1. August haben vier Redakteure unter der Überschrift „Noch Leben in der Gasse?“ ihre Sicht zur Lage in der Schiffbauergasse dargestellt. Nun wollen wir in den kommenden Wochen nicht nur Künstler unter dem Motto „Was wünsche ich der Schiffbauergasse“ zu Wort kommen lassen. Auch PNN-Leser sollen sich an der Diskussion unter www.pnn.de oder an leserpost@pnn.de beteiligen.
Heute: Frank Reich
Potsdams Kulturverwaltung war in den letzten Jahren immer Sieger in dem Spagat, kulturpolitisch groß Gewolltes so abzumildern, dass bei den schon unter prekären Umständen Arbeitenden in den Kultureinrichtungen nur wenig ankommen konnte. Endlose ergebnisoffene Gespräche und runde und eckigeTische lösten nicht halb so viel finanzielle Initiative aus wie die beiden vorhersehbaren Insolvenzen von Waschhaus und Lindenpark.
Die Schiffbauergasse ist saniert, die Freiflächen müssen jetzt endlich sinnvoll genutzt werden, temporär oder auch längerfristig. Da können auch soziokulturelle Jugendinitiativen eingebunden werden. Die Betreibung der sanierten Häuser ist eine zusätzliche Aufgabe. Die ursprüngliche Idee, geschützte Freiräume erhalten, in denen junge und Junggebliebene sich ausprobieren und präsentieren können, muss aber immer noch im Zentrum der Arbeit stehen.
Die finanziellen Bedarfe unter denen die Freien Träger der Kultur Potsdams ordentlich arbeiten könnten, liegen der Verwaltung mehrfach und seit Jahren vor. Über diese muss von der Kultur- und Stadtpolitik befunden werden. Die Budgets müssen den Einrichtungen endlich ein qualifiziertes Funktionieren ermöglichen. Nur so können sie ihre gesellschaftliche und auch überregionale Funktion wahrnehmen. Das Herunterschrumpfen auf gerade noch funktionierende Communities löst nur Frust aus.
Es muss beispielsweise in Potsdam ein Literaturstipendium möglich sein, auf einem Schiff in der Innenstadt oder Platte oder vielleicht auch in der Schiffbauergasse. Das ziellose und ermüdende Agieren der Verwaltung hat aber nur das Ziel, Ergebnisse eines Diskussionsprozesses zu verhindern, die die Kommunalpolitik zum Handeln zwingen könnte. Weiterhin muss die Schiffbauergasse nach der Sanierung immer noch als Projekt am Anfang, in der Startphase begriffen werden, mit jeder Menge Entwicklungsmöglichkeiten. Wenn die Stadt es will!
Frank Reich ist Geschäftsführer des Landesverbands Freier Theater mit Sitz in der Schiffbauergasse
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