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Kultur: Wenn die Ziegen schmollen

Die „PuppenTheaterTeufel“ mit „Die furchtbar hartnäckigen Gapper von Frip“ im T-Werk

Stand:

Diese kugelrunden Gapper mit ihrem schrillen Grammolo-Gequassel sind ja auch furchtbar, furchtbar anhänglich! Vielleicht kommen sie wirklich aus dem Meer, wie in der kleinen Inszenierung „Von Ziegen, Zäunen und Kletten“ am Wochenende im T-Werk zu sehen war. Landwärts fallen sie Ziegen an, die so eine Untat schwerstens beleidigt. Die legen sich dann zur Seite, geben keine Milch mehr, und schmollen. Aber dafür sind die gehörnten Meckerfritzen seit „Tischlein, deck dich!“ ja bekannt. Wehe also einem Dorf, das sich von Ziegen nährt, es würde beim Einfall dieser unersättlichen Gapper glatt verhungern.

Für den texanischen Autor und Hochschulprofessor George Saunders ist seine Geschichte „Die furchtbar hartnäckigen Gapper von Frip“ auch ein Indikator für die Qualität menschlichen Zusammenlebens. Fünf sehr junge „PuppenTheaterTeufel“ aus Potsdam nahmen sich unter der erfahrenen Leitung von der ausgebildeten Puppenspielerin Nora Raetsch dieses erschröcklichen Stoffes an und brachten „Von Ziegen, Zäunen und fiesen Kletten“für die ganze Familie zur Premiere.

Drei wackelige, aber schön bunte Häuser, drei Zäune und ein Harmonium bilden die Hauptbühne. Zuerst kommt die Welle vom Meer, und mit ihr die schlecht zu verstehenden Gapper zur Tür hereingeweht. Drinnen ist die emsige Serena damit beschäftigt, ihrem Papa das Frühstück zu bereiten. Nach dem Tod seiner Frau will er, dass alles so bleibt, wie es ist, und damit wird er für das Geschehen in Frip zu einer wichtigen Aktionsbremse. Von dem ist keine Hilfe gegen die Kullern zu erwarten. Die fleißige Serena muss den Kampf gegen die Kletten allein austragen, was sich bestimmt prononcierter darstellen lässt. Auch die Nachbarschaft verweigert ja Hilfe: Sind’s denn unsere Ziegen? Bald kommt es zu einer handfesten Prügelei von Haus zu Haus, bis die Wände wackeln – eine Freude von Szene! Erst Serenas liebevolle Einsicht bringt alle an einen Tisch, damit ist für die Gapper erst mal Schicht im Schacht.

Die erst im Frühjahr gegründete Spieltruppe (Nachwuchs wird ab Oktober gesucht) war nicht nur mit viel Disziplin und Feuereifer dabei, sie baute auch fast alle Stabpuppen selbst. Alles beherzt, beseelt, das war manchmal so gescheit gemacht, dass Bühnenfiguren wie Simon, oder Serena einem staunenden Publikum gar den Salto rückwärts vorführen konnten. Es spielten Antonia Petrova, Emma Havekost, Muriel Uhlig, Johann Simon und Noah Klickow, alle zwischen zehn und elf Jahre alt. Der ozeanische Prospekt auf der Seitenbühne, gut zum Angeln von Fischen geeignet, stammt von Sabine Raetsch. Mochten nur dramatische Bögen dieser Geschichte nicht immer deutlich genug ausgearbeitet worden sein, so machte die Freude am Detail, etwa der schwere, dann federnde Leisegang des kleinen Simon, oder die kecken Geräusche seitab gesprochen, viel vom Reiz dieser kleinen Inszenierung aus.

Wahres Theater spielt sich ja immer in den Zwischenräumen des Lebens ab. Man muss nur hartnäckig sein, wie diese Gapper, dann wird schon alles gefügt. Zuletzt zeigt sich ja nicht nur die Nachbarschaft einsichtig. Serenas Papa zum Beispiel will fortan nicht mehr, dass alles so bleibt, wie es ist. Au fein, dann gehen wir doch gleich mal ins Theater!, jubelt die Tochter. Aber Du im Nachthemd? Das macht doch nichts, grummelt der Alte. Und also trotteten beide davon. Keine Spur von den Kletten mehr! Gerold Paul

Gerold Paul

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