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Warum nicht mal einen Topf im Gesicht. Clément Layes in einem seiner Stücke.

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Kultur: Wider die Logik der Dinge

Clément Layes und Gaëtan Bulourde präsentieren ihre aktuellen Projekte aus „Étape Danse“

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Zwischen Realität und Traum, zwischen Bekanntem und Neuem bewegen sich beide, obwohl sie nichts miteinander gemein haben. Clément Layes und Gaëtan Bulourde setzen beim Bekannten an und verwandeln es in das Unbekannte. Beide spielen mit dem Neuen auf ihre eigene Weise. Im Rahmen des diesjährigen Residenzprogrammes „Étape Danse“ der „fabrik“ stellen am kommenden Freitag beide Künstler ihre neuen Arbeiten vor und bewegen sich dabei auf für den Zuschauer noch unerforschten Wegen.

Internationale Künstler sind in Potsdam immer gern gesehen und vor allem in der „fabrik“, dem internationalen Zentrum für Tanz und Bewegungskunst in der Schiffbauergasse, hat man es sich zur Aufgabe gemacht, das kulturelle Leben dieser Stadt mit renommierten Künstler zu bereichern. Mit dem Residenzprogramm „Étape Danse“ haben die Macher in der „fabrik“ gemeinsam mit dem Institut français Deutschland/Bureau du Théatre et de la Danse auch die Unterstützung auf der internationalen Ebene weniger bekannter Künstler ins Auge gefasst. „Wir wollen ein Netzwerk für Künstler schaffen und ihnen die Chance bieten, sich einem internationalen Publikum zu präsentieren“, sagt Laurent Dubois von der „fabrik“. „Viele internationale Programmdirektoren sind momentan zu Gast in Berlin bei den großen Festivals, da bietet es sich an, ihnen hier weniger bekannte Arbeiten vorzustellen.“ Doch die Choreografen bekommen in Potsdam nicht nur die Gelegenheit, ihre Arbeiten einem Publikum vorzustellen, sondern auch Raum und Zeit, daran zu arbeiten.

Vor zwei Wochen kam Clément Layes mit seinen Tänzern nach Potsdam, um hier mit der Arbeit an seiner Performance „dreamed apparatus“ zu beginnen. „Das menschliche Leben ist von einer Logik bestimmt, die die Dinge um uns herum ordnet“, sagt Layes. In seinen Arbeiten stellt er sich dieser Ordnung entgegen, reißt die Dinge aus ihrem üblichen Kontext und präsentiert sie in neuen Bedeutungszusammenhängen. Was wird aus einem Stuhl, wenn er seine Stuhlhaftigkeit verliert? Und welche Bedeutung hat das für die Realität des Menschen? An diesem Punkt knüpft Clément Layes an, hinterfragt die Dinge in ihrer Objekthaftigkeit und greift die Realität an, um seine Zuschauer in eine Welt unbekannter Träume zu entführen. Nichts ist dort mehr an seinem vorbestimmten Platz. Das Spiel mit Bewegungen, Licht, Sprache und Sound sei dabei von ganz besonderer Bedeutung. „Wir trennen unsere Handlungen auf der Bühne von den Texten und Sounds. Dadurch wird für den Zuschauer ein Raum geschaffen, in dem er selbst träumen kann.“

Mit einer strengen Choreografie die Gedanken der Zuschauer in eine bestimmte Richtung lenken, möchte der in Berlin lebende Franzose aber nicht. „Arbeitsprozesse und Aufgaben der Tänzer auf der Bühne ergeben ganz von selbst eine Choreografie, die wir nur nach und nach präzisieren müssen“, sagt er. Bisher steht er mit seiner Arbeit an „dreamed apparatus“ noch ganz am Anfang, und sie schon jetzt einem Publikum vorzustellen, ist auch für den erfahrenen Künstler eine Herausforderung. Vor allem bei so einer Performance, die mit dem Zuschauer spielt, sei die Rückmeldung für den weiteren Arbeitsprozess jedoch enorm wichtig.

„Aber auch für den Zuschauer ist es eine Herausforderung, eine nichtfertige Performance zu sehen, nicht nur für den Künstler“, sagt Gaëtan Bulourde, der sich in seinem Stück „Spoiled Spring: There are no more seasons“ mit dem Werk „Sacre du Printemps“ von Igor Strawinsky auf seine eigene Art auseinandersetzt. Auch bei ihm geht es um den Umgang mit Objekten, jedoch setzt Bulourde sie in eine direkte Beziehung zu der Ballettmusik von Strawinsky. Seine Musik zu spielen sei schon mit normalen Instrumenten eine Herausforderung, mit selbstgebastelten Papp-Instrumenten oder Dingen wie einem Besen, die gar nicht zum musizieren gedacht seien, sei das umso schwieriger. „Die Musiker zu Beginn des 20. Jahrhunderts haben Volkslieder und Ritualmelodien genommen und sie für die damalige Zeit umgeschrieben. Ich gebe der Musik das Primitive zurück“, erzählt Bulourde, der Strawinskys Musik mit seinen eigenen Texten versehen hat. „Eine Entheiligung des Sacre“ strebe er an, aber keine Parodie. Besonders der Aspekt der Wildheit soll in seiner Interpretation besondere Beachtung finden. Seine eigene Version dieses Jahrhundertwerkes will er schaffen, ohne eine langweilige Neuauflage des schon Bekannten zu machen. Dazu habe er zu viel Respekt vor der Arbeit Strawinskys. „Man darf nicht achtlos mit einem solchen Werk umgehen, aber darf den Künstler auch nicht zu einer unantastbaren Gottheit zu erheben.“ Gaëtan Bulourde bewegt sich lieber irgendwo dazwischen.

„Étape Danse“-Aufführung mit Clément Layes und Gaëtan Bulourde am Freitag, dem 30. August, um 11.30 Uhr in der „fabrik“ in der Schiffbauergasse. Der Eintritt ist frei

Chantal Willers

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