
© Gerald von Foris
Kultur: „Wie Kill Bill, nur jüdisch und 70 Kilo schwerer“
Oliver Polak, der am Dienstag im Lindenpark zu erleben ist, über die Sorgen seines Vaters, das passende Bühnenoutfit und Sex mit Cindy aus Marzahn
Stand:
Herr Polak, wer Ihr Buch „Ich darf das, ich bin Jude!“ gelesen hat, weiß, dass Sie ein ganz besonderes Verhältnis zu Ihrer sehr vereinnahmenden Mutter haben. Was hat die eigentlich dazu gesagt, dass Sie ausgerechnet Komiker geworden sind?
Ich glaube, für sie war das nicht irgendwie verwunderlich. Denn ich war ja schon immer so. Das hatte ja dann auch nichts mit Werden zu tun, sondern einfach nur mit weiter Sein. Mittlerweile gibt es ja auch eine DVD von „Ich darf das, ich bin Jude! Live!“. Bei der Aufzeichnung der Show im Berliner Hebbel am Ufer waren meine Mutter und mein Vater mit dabei. Und die einzige Reaktion von ihr nach der Show war die Frage, ob es den Jogginganzug, den ich da getragen habe, auch in meiner Größe geben würde.
Und wie hat Ihr Vater reagiert?
Bei der Show war ja auch Dirk von Lotzow, Sänger der Hamburger Band Tocotronic dabei. Wir haben „Ich möchte Teil einer Judenbewegung sein“ im Duett gesungen und uns am Ende geküßt. Die einzige Reaktion meines Vaters war, dass er dachte: Oh Gott, der Junge ist schwul.
Aber die Wahl Ihres Bühnenoutfits, wenn man an den gelben, sehr körperbetonten Jogginganzug denkt, ist schon sehr speziell. Unweigerlich muss man da an Ihre Kollegin Cindy aus Marzahn denken.
Ich bitte Sie, bei Cindy aus Marzahn sieht das doch eher aus wie aus dem Caritascontainer. Sie ist ja quasi so ein lebender Caritascontainer. Ich habe schon immer solche Jogginganzüge getragen, weil ich die einfach bequem finde. Und was den gelben Anzug betrifft, den habe ich mir im vergangenen Jahr in New York gekauft. Mein Regisseur Phillip Charly Lenner sagte dann, dass ich den unbedingt bei der Show tragen müsse, das komme gut. Ich war mir nicht so sicher, das ist jetzt so ein bisschen wie „Kill Bill“, nur jüdisch und 70 Kilo schwerer.
Also gehört dieses stramm sitzende Kleidungsstück mittlerweile fest zum Bühnenprogramm?
Ja, den Jogginganzug habe ich jetzt oft an. Und bei meiner Show in Potsdam kann man davon ausgehen, dass ich ihn auch tragen werde.
Wann ist Ihnen eigentlich bewusst geworden, dass Ihre jüdische Identität eine hervorragende Basis für den eigenwilligen Humor in Ihrem Buch und Ihren Shows ist?
Vor sieben Jahren war ich an Hodenkrebs erkrankt. Und auf einmal war alles weg: Freundin, Job, Zukunftsperspektive. Ich hatte dann in so schlechten deutschen Serien mitgespielt und das einfach nicht mehr verkraftet. Ich hatte dann einfach das Bedürfnis, Stand-up-Comedy zu machen. Was man in diesem Fach hier so in Deutschland sieht, finde ich oft sehr befremdlich. Aber in Amerika gibt es da Hervorragendes. Das fängt an bei Lenny Bruce, geht weiter über Woody Allen und Eddie Murphy bis aktuell zu Sarah Silverman. Die sind einfach sie selbst und wirken dadurch auch auf der Bühne echt. Und da habe ich mich entschlossen, meine Biografie als Basis für meine Comedyshow zu nehmen: Oliver Polak aus Pappenburg und jüdisch, das sind dann halt die Eckdaten.
Aber das Jüdische und die Anspielungen auch auf den Holocaust sind sehr prägend und in dieser Hinsicht ist der Titel „Ich darf das, ich bin Jude!“ sehr treffend.
Mein Humor ist weder jüdisch noch ist er nicht jüdisch. Das ist mein Humor, der sich aus meinem Elternhaus, dem Jüdischen und Papenburg im Emsland zusammensetzt. Die einen sagen, das ist schlau und intellektuell, die anderen finden das nur geschmacklos. In dem Buch „Ich darf das, ich bin Jude!“ und dem dazugehörigen Bühnenprogramm habe ich mich dann erst einmal an der eigenen Geschichte abgearbeitet, in „Jud Süß Sauer. Die Show“ wurde es dann schon schärfer. In der neuen Show geht es jetzt auch um Depression, Burnout und auch um meinen Wunsch in einem äußerst labilen Zustand, dass ich mit Cindy aus Marzahn schlafen möchte.
Von diesen eigenwilligen Lustträumen mal abgesehen, Papenburg und jüdisch, das klingt nach einer harten Kindheit.
Ja, Papenburg, das New York im Emsland, das war schon grausam. Aber ich war schon in der Schule so gagvogelmäßig unterwegs, wurde da auch oft schräg angeguckt. Da ist es jetzt ganz gut, dass ich mit der Show einen Ort gefunden habe, wo ich das machen kann. Wobei es trotzdem immer noch zu sehr vielen Missverständnissen kommt.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Bei einem meiner Auftritte im Quatsch Comedy Club saß mal ein recht bulliger Typ mit Glatze, Springerstiefel und Bomberjacke in der ersten Reihe, der eine ziemlich schräge Freundin dabei hatte. Ich kam dann raus auf die Bühne und der guckte mich schon so böse an. Da habe ich ihn gefragt, ob er Nazi sei oder die Glatze von der Chemo kommt. Dann sagte ich noch, dass die beiden ein echt gutes Paar seien. Er entgegnete dann: Das ist meine Mutter. Woraufhin ich antwortete: Das eine schließt das andere nicht aus. Der wollte dann noch handgreiflich werden nach der Show.
Das hat Sie aber nicht wirklich überrascht.
Hey, hier gilt: Ich bin Komiker und das fand in einem Comedy Club statt. Das sind Gags, die ich da erzähle. Wenn jemand das nicht aushält oder versteht, dann sollte er nicht in den Comedy Club gehen und sich erst recht nicht in die erste Reihe setzen.
Gibt es bei Ihnen eigentlich eine Grenze in Sachen Humor?
Ja, über die Scorpions würde ich keine Witze machen, das macht keinen Sinn, die sind schon an sich eine Eigenpersiflage.
Das Gespräch führte Dirk Becker
Oliver Polak ist am kommenden Dienstag, dem 22. Mai, ab 20 Uhr im Lindenpark, Stahnsdorfer Straße 76-78, zu erleben. Eintritt kostet im Vorverkauf 12 Euro zzgl. Gebühr, an der Abendkasse 15 Euro
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