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Schön war die Zeit. Es waren die besseren Tage, als am Schornstein des Waschhauses noch die Neoninstallation von Jan Henderikse leuchtet. Das Heute dagegen ist nur noch dunkel und hoffnungslos.

© Archiv

POTSDAMER WASCHHAUS: Willkommen in der Rumpelkammer

Die Ausstellung „gestern! heute! morgen!“ zeigt beispielhaft den steten Niedergang des Waschhauses in der Schiffbauergasse

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Am Ende bleibt nur Kopfschütteln über das, was hier präsentiert wird. Aber es hat einen nicht überrascht. Es passt im Grunde perfekt in das Bild über den derzeitigen Zustand der Waschhaus gGmbH in der Schiffbauergasse. Es ist der kontinuierliche Niedergang des traditionsreichen Kulturzentrums, wie er schon seit Monaten zu verfolgen ist, der einen treffenden Ausdruck auch in der Ausstellung „gestern! heute! morgen! 20 Jahre Waschhaus Potsdam“ findet, die am heutigen Samstag im Kunstraum eröffnet wird.

Kurator Erik Bruinenberg hatte am Donnerstag zu einer Pressebesichtigung geladen. Er wollte zeigen, was in der Galerie des Waschhauses bis zum 26. August zu sehen sein soll. Der Text auf der Internetseite las sich da vielversprechend: „Seit 20 Jahren existiert das Waschhaus als kulturelles Zentrum im Herzen Potsdams. Mehr als 2 000 000 Besucher und einige Hundert Mitarbeiter haben hier einen Teil ihres Lebens verbracht. Viele große Erfolge in den Bereichen Tanz, Bildende Kunst, Musik und Partys aber auch Skandale haben das Waschhaus zu einer Institution in der Potsdamer Kulturlandschaft gemacht.“ Die Ausstellung wolle nun Vergangenheit und Gegenwart beleuchten und dann noch einen Blick in die Zukunft wagen.

Doch was man dann im Kunstraum sah, war eine Baustelle.

Nun ist es nicht unüblich, dass zwei Tage vor Eröffnung einer Ausstellung noch immer Vorbereitungsarbeiten laufen. Doch sollte zu diesem Zeitpunkt erkennbar sein, was ein Kurator mit seinem Projekt erreichen, was er aussagen möchte. Im Falle von „gestern! heute! morgen! 20 Jahre Waschhaus Potsdam“ ist es vor allem Klägliches, das sich mit erstaunlicher Lieblosigkeit paart.

Im Eingangsbereich steht ein rostbedecktes Modell der Schiffbauergasse aus den Anfangsjahren, das damals als eine Art Wegweiser diente. Dazu läuft ein achtminütiges Video, auf dem Tanz und Kunst zu sehen sind, die das Fest zum fünfjährigen Jubiläum prägten. Es wird auf die Namen illustrer Bands verwiesen, die in dieser Zeit im Waschhaus spielten. Das Haus war damals schon ein Sanierungsfall, zumindest was die bauliche Substanz betraf. Doch die Inhalte stimmten. Erst finanzielle Probleme bekam das als soziokulturelles Zentrum deklarierte Waschhaus schon ab dem Jahr 2000. Ein Zustand, der durch die umfangreiche Sanierung des denkmalgeschützten Areals der Schiffbauergasse noch verschärft wurde. 2008 stand das Waschhaus kurz vor der Insolvenz, konnte jedoch gerettet werden. Das Schlimmste schien überstanden. Doch dann kam im März 2009 als neuer Geschäftsführer Wilfried Peinke.

Auch mit diesem traurigen Kapitel der Waschhaus-Geschichte setzt sich die Ausstellung im Kunstraum auseinander. Bruinenberg hat auf einer großen Tafel kritische Zeitungsartikel über Wilfried Peinkes katastrophale inhaltliche als auch personelle Arbeit zusammengetragen. Mit „Kritische Zeit(ung)“ ist diese riesenhafte Wandzeitung überschrieben. Jeder Besucher solle lesen und sich selbst eine Meinung darüber bilden, ob die Kritik zu Recht oder zu Unrecht geübt wird, so Bruinenberg. Helfen soll bei dieser Entscheidung ein Monitor, auf dem das Waschhaus als Art Rechtfertigung Zahlen über die Fördermittel, Ausgaben und Besucher zeigen möchte. Am Donnerstag zumindest war von diesem Monitor nichts zu sehen.

Auf drei anderen Monitoren dagegen kommen unter anderem Waschhaus-Mitbegründer wie Michael Wegener, Ingo Bröcker-Wetzel und Ralf Petsching zu Wort. Bruinenberg nutzt hier Aufnahmen, die er 2009 für eine Dokumentation auf dem Schirrhof in der Schiffbauergasse aufgenommen hat. Dann sind da noch alte Fotografien, die jahrelang im unsanierten Waschhaus hingen, ein paar der Neoinstallationen von Jan Henderikse, die den Waschhaus-Schornstein zierten und zahlreiche Werbebanner, die auf frühere Ausstellungen im Kunstraum verweisen. Letztendlich haben diese aber nur den Zweck, die Treppe zum Obergeschoss zu verdecken, denn das im Rahmen der Ausstellung zu bespielen, dafür reichte entweder die Fantasie Bruinenbergs nicht, oder die zusammengetragenen Exponate. So weit, so kläglich.

Zwar verspricht Bruinenberg noch einen Grundriss der Schiffbauergasse, auf dem die Besucher 50 Spielzeugcontainer verteilen können, um so zu zeigen, was sie auf dem Kulturareal vermissen. „Tattoo-Studio, Imbiss oder Frisör, alles ist möglich“, so der Kurator. Aber dieser kinderspielhafte und wirkungsfreie Hinweis auf das „morgen!“ wertet dieses Armutszeugnis von Ausstellung auch nicht weiter auf. Ursprünglich war „gestern! heute! morgen!“ als dreiteiliger Zyklus geplant, wie es noch im Programmheft für das am heutigen Samstag beginnende Schiffbauergasse-Fest „Stadt für eine Nacht“ zu lesen ist. Davon ist nichts geblieben. Letztendlich aber verfolgt Bruinenberg hier konsequent eine Linie, die er mit seiner ersten Ausstellung als Kurator im Kunstraum selbst vorgab. Großspurig eine „Potsdamer Wunderkammer 2012“ hatte Bruinenberg Anfang des Jahres versprochen. Ziel sollte es sein, „einen Überblick über den Potsdamer Zeitgeist zu bekommen: Was bewegt und interessiert die Potsdamer, was denkt der Potsdamer, wie lebt der Potsdamer, wer ist der Potsdamer?“ Zu sehen war dann keine Wunder-, sondern eine Rumpelkammer. Und im Grunde ist „gestern! heute! morgen! 20 Jahre Waschhaus Potsdam“ nichts anderes.

Ende vergangenen Jahres hatte Bruinenberg die Galerie Kunstraum übernommen, nachdem die langjährige Leiterin Katja Dietrich-Kröck wegen Wilfried Peinkes Veranstaltungs- und Personalpolitik hingeschmissen hatte. In den Jahren ihrer Arbeit hatte Katja Dietrich-Kröck den Kunstraum mit anspruchsvollen Ausstellungen zu einer der ersten Adressen für Fotografie und zeitgenössische Kunst gemacht. Wie Bruinenberg diesen Ruf in den vergangenen Monaten radikal ruiniert und aus dem Kunstraum eine Rumpelkammer gemacht hat, das kann man im Grunde auch schon als Kunst bezeichnen. Wenn es denn nicht so traurig wäre. Aber wie schon eingangs erwähnt, das, was hier als Ausstellung verkauft wird, lässt sich hervorragend als Bild des derzeitigen Zustandes im Waschhaus lesen.

Das Waschhaus nennt Bruinenberg auf der Internetseite des Kunstraum ein „kulturelles Zentrum im Herzen Potsdams“. Und er spricht von den „Bereichen Tanz, Bildende Kunst, Musik und Parties“. Bereiche, die jahrelang selbstverständlich zum Waschhaus gehörten, deren Profil prägten und auch Grund der Gemeinnützigkeit und für rund 500 000 Euro jährlicher Förderung von Stadt und Land sind. Doch der einzige Bereich, auf den sich das Waschhaus unter Peinke derzeit konzentriert, ist der der Partys. Im Grunde wird so seit Monaten, trotz wiederholter heftiger Kritik an den Kompetenzen Peinkes aus unterschiedlichsten Richtungen, eine Großraumdisko und ein Partyschuppen mit Steuergeldern finanziert. Von Konsequenzen wurde zwar immer wieder gesprochen, doch passiert ist kaum etwas. Glücklich diese Stadt, die sich so etwas leisten kann!

Und was die sonstigen Veranstaltungen zum 20-jährigen Jubiläum des Waschhauses betrifft, nun ja. Ein von einer Agentur zusammengestelltes Kinderprogramm, eine Trommelperformance, die fast identisch so schon einmal im Lindenpark zu erleben war und, als einziger Lichtblick, das „Rubys Festival“ am kommenden Dienstag. Aussagekräftiger geht es kaum. Zwar soll in der kommenden Woche ein neuer Geschäftsführer für das Waschhaus vorgestellt werden, wie Bruinenberg am Donnerstag sagte. Und laut PNN-Informationen soll mit dem 50-jährigen Siegfried Dittler, derzeitiger Geschäftsführer des Kulturzentrums Alte Feuerwache in Mannheim, ein erfahrener Kulturmanager ab 1. Oktober diese Aufgabe übernehmen. Da aber Peinke als Gesellschafter weiterhin Einfluss auf das Waschhaus nehmen kann, ist somit der Bock nur zum Gärtner gemacht worden. Man kann nur noch den Kopf schütteln.

Dirk Becker

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