Kultur: „Winter Sweet“ war nicht Programm Esther Kaiser bei „The Voice in Concert“
Sie ließ sich, ganz Dame, von der Musik auf die Bühne bitten. Und entließ sofort ihre glasklare Stimme ins Foyer des Nikolaisaals.
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Sie ließ sich, ganz Dame, von der Musik auf die Bühne bitten. Und entließ sofort ihre glasklare Stimme ins Foyer des Nikolaisaals. Hier hatten sich, zwischen Kerzen und unter funkelnden Sternen, all jene versammelt, die am Freitag etwas von der Süße, aber auch von der Schwere des Winters spüren wollten. Dieses Erlebnis nämlich versprach das Programm „Winter Sweet“ der jungen deutschen Jazzsängerin Esther Kaiser bei „The Voice in Concert“, einer der wohl beliebtesten Veranstaltungsreihen im Nikolaisaal. Zusammen mit ihren musikalischen Begleitern Axel Gremmelspacher am Klavier und Sven Klammer an der Trompete und Flügelhorn, hatte Esther Kaiser ein Programm zusammengestellt, das von Paul Gerhardts „Ich steh an deiner Krippen hier“ über „Fragile“ von Sting bis zum Jazzstandard „In the wee small hours of the morning“ reichte, einem Song, der seine Popularität vor allem einer Aufnahme von Frank Sinatra aus dem Jahr 1955 verdankt.
Esther Kaiser, die Jazzgesang und Gesangspädagogik studiert hat, Mitglied im renommierten Jazzvokalensemble Berlin Voices ist und mit „Jazz Poems“ und „Cosy in bed“ zwei überzeugende Alben auf den Markt gebracht hat, zeigte während des zweieinhalbstündigen Konzert das volle Klangspektrum ihrer Stimme, mal klar und hell, mal leise und zart, fast flüsternd, gehaucht. Immer wieder faszinierte sie mit im Jazz und Gospel als Scat bekannten improvisierten lautmalerischen Phrasen, die verspielt mit Trompete und Klavier kokettierten. Besonders schön ihre Interpretation des Titels „Wenn ich mir was wünschen dürfte“ von Friedrich Hollaender. Klar und ohne Schnörkel, fast rezitativ bot sie dieses Lied aus den zwanziger Jahren dar. Immer wieder ein Genuss auch die Soli von Sven Klammer. Ein Virtuose auf der Trompete, entlockte er seinem Instrument eine Bandbreite an Tönen, die, in das Foyer des Nikolaisaals entlassen, noch lange nachhallten.
Trotz allem wollte so recht keine gelöste Winter- und Weihnachtsstimmung aufkommen. Vielleicht lag es an der Auswahl der Titel, denen hier und da das zarte Element fehlte, an das leise fallender Schnee und eine stille Winternacht doch erinnern, wie es das Motto des Abends „Winter Sweet“ versprach. Vielleicht aber lag es auch an der Künstlerin selbst. Esther Kaiser lieferte zwar technisch hervorragende Beiträge und machte mit dem Vortragen des ein oder anderen Wintergedichts als Zwischenspiel einen schönen Versuch, die melancholischen Saiten ihres Publikums zum Klingen zu bringen. Trotz allem aber fehlte der nötige Charme, um den Funken wirklich auf ihre Zuhörer überspringen zu lassen. Das hat man in früheren Konzerte der Reihe „The Voice in Concert“ schon anders erlebt, wenn eine Cristin Claas oder eine Jessica Gall ihr Publikum förmlich um den Finger wickelten. Andrea Schneider
Andrea Schneider
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