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Kultur: Witzig und geistreich

Saisonstart für das Persius Ensemble mit „Musik und Architektur“ rund um die Bornstedter Kirche

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Saisonstart für das Persius Ensemble mit „Musik und Architektur“ rund um die Bornstedter Kirche „Die Bornstedter Basilika samt Säulengang und Etagenturm ist ein Schmuck des Dorfes und der Landschaft; aber was doch weit über die Kirche hinausgeht, das ist ihr Kirchhof, dem sich an Zahl berühmter Gräber vielleicht kein anderer Dorfkirchhof vergleichen kann“, schreibt Theodor Fontane im dritten Teil seiner „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ über Bornstedt. „Es hat dies einfach seinen Grund in der unmittelbaren Nähe zu Sanssouci und seinen Dependenzien“, heißt es weiter, denn „was in Sanssouci stirbt, das wird in Bornstedt begraben.“ In den meisten Fällen sind es „königliche Diener aller Grade, näher- und fernerstehende“ So finden sich denn auf dem Bornstedter Friedhofe Generale und Offiziere, Kammerherren und Kammerdiener, Hofärzte und Hofbaumeister, „vor allem aber Hofgärtner in Bataillonen“. In diesem Raum der Erinnerungen Lebensspuren zu entdecken, ist Anliegen einer Veranstaltung des Persius Forum e.V., das die mittlerweile sehr erfolgreiche Konzertreihe „Musik und Architektur“ unterstützt. Das Persius Ensemble und die Potsdamer Urania-Chefin Karin Flegel bilden dabei ein vortreffliches Gespann: die einen mit der Aufführung passender Musik, die andere durch fundierte Vorträge zu mannigfaltigen Themen der Potsdamer Architekturgeschichte. Zu Christi Himmelfahrt gibt es in der Bornstedter Kirche Erkundungen und Auskünfte zu dem Thema „Kreuze, Epitaphe, Säulenreste“. Es ist dies des Persius Ensembles Wiederauflage eines bereits vor sechs Jahren kreierten Programms. Es beginnt mit dem Nonett Es-Dur op. 139 von Joseph Gabriel Rheinberger (1839-1901), einem Werk „reich an schönen Gedanken und ganz gewaltiger Klangwirkung“, wie Zeitgenossen zu loben wussten. Vom ersten Takt an in es in ständiger Bewegung, von Unruhe erfüllt. Oboe (Jan Böttcher) und Flöte (Bettina Lange) setzen Akzente in einem energischen Spiel des ausgewogenen Miteinanders. Heiter und elegant gibt sich das Menuetto; melancholisch, hell klingend und ausdrucksintensiv das Adagio molto. Geige (Peter Rainer), Flöte, Klarinette (Mathias Simm) sorgen für manchen originellen Farbtupfer. Im Allegro ist es das Horn (Andreas Bohm), das mit seinen Einwürfen angenehm aufhorchen lässt. Dazu singt das Violoncello (Jan-Peter Kuschel) eine innige Kantilene. Mit Spiellust breiten die Neun das Stück aus. Es ist eingängig, biedert sich aber dem Hörer nicht an. Effekthascherische Zutaten kennt es nicht. „Alle Lust will tiefe Ewigkeit“ heißt es im „Zarathustra“-Gedicht von Friedrich Nietzsche, einem Rheinberger-Zeitgenossen. Auf einem Kirchhof wie dem von Bornstedt ist sie zu finden. Im alten Teil, so Fontane, entdecke er den „freundlichen Charakter einer Obstbaumplantage“. In ihr gibt es an und über den Stätten letzter Rast schlafende, nachdenkende, trauernde Frauengestalten genauso zu entdecken wie Engel und Jünglinge als romantische Verkörperung des Todes. Die Referentin blättert informationsreich die Geschichte des Friedhofs auf, auf dem „keine Monarchen, Ehebrecher und Mörder“ ruhen. Kundig erläutert sie den Begräbnisritus, die Veränderungen der Grabsteingestaltung durch die Jahrhunderte hinweg. In der Pause hat man als Konzertgänger die Möglichkeit, anhand eines Lageplans die Grablegungen bekannter Hofangestellter zu entdecken: Ludwig Persius (Namensgeber für das Musikensemble), Peter Joseph Lenné, die Hofgärtnerdynastie derer von Sello Das Grab von Jacob Paul Freiherr von Gundling, Präsident der Akademie der Wissenschaften und „Hofnarr“ König Friedrich Wilhelms I., sucht man im Freien vergebens. Nur ein Epitaph im Inneren der Kirchen erinnert an ihn, der trunksüchtig, eitel und gelehrt war – eine für ihn verhängnisvolle Charaktermischung. Im zu Ehren erklingen „Till Eulenspiegels lustige Streiche“ op. 28 von Richard Strauss in der Bearbeitung für neun Instrumente von Brett Dean. In dieser witzigen, geistreichen und feinsinnigen, an einigen Stellen eingekürzten Ausarbeitung kommen vor allem die vielen Bläserzutaten des sinfonischen Originals zu gebührender Wirkung. Das Persius Ensemble breitet die instrumentatorischen Feinheiten genüsslich aus, brilliert mit instrumentalem Feinschliff, ohne dabei groß auf die (Klang-)Tube drücken zu müssen. Und wieder hat das Horn, assistiert von Fagott (Hanno Koloska), Viola (Ralph Günthner) und Kontrabass (Arnulf Ballhorn) nebst den anderen Nonettisten, eine Menge zu tun. Mit dem zugegebenen Zwischenspiel aus Schuberts „Rosamunde“-Musik geht die aufschlussreiche Klang-Architektur-Exkursion zu Ende.

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