Kultur: Wohlgefälliges Jubilieren im Festkonzert Oratorienchor feiert sein 50-jähriges Bestehen
Für Staatsakte und Jahreswechsel steht Beethovens „Neunte“ dankenswerterweise zur Verfügung. Und für andere Jubiläen?
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Für Staatsakte und Jahreswechsel steht Beethovens „Neunte“ dankenswerterweise zur Verfügung. Und für andere Jubiläen? Da ist Felix Mendelssohn Bartholdys 2. Sinfonie-Kantate „Lobgesang“ op. 52 erste Wahl. Was er für die 400-Jahr-Feier der Erfindung des Buchdrucks komponierte, diente am Sonnabend zur Huldigung des 50-jährigen Bestehens des Oratorienchores in der Friedenskirche. Mitglieder des Brandenburgischen Staatsorchesters Frankfurt lieferten unter Leitung von Matthias Jacob dem an Beethovens „Neunter“ orientierten Werk die erforderliche (Klang-)Facon. Drei instrumentalen „Sinfonia“-Sätzen folgt ein chorsinfonischer Abschluss.
In der Maestoso-Einleitung tragen Posaunen nach längerer jubelnder Orchestereinleitung das Thema der nachfolgenden Kantate „Alles was Odem hat, lobet den Herrn“ vor. Im Trio des zweiten Satzes wird es dann von der Oboe gespielt. Beweglich, freudig erregt und rasch lässt Matthias Jacob den Allegrosatz spielen – fast durchweg mezzoforte bis forte. So entsteht der Eindruck einer ziemlich plakativen Huldigungsmusik, bei der sich sinfonische Konflikte nur in Ansätzen erkennen lassen. Die Frankfurter sind nicht nur hier zu ausschweifendem, klanggestenreichem Musizieren angehalten. Den innerlich bewegten, unaufhörlich eilenden zweiten Satz spielen sie klangschön. In verwandter Stimmung erklingt das Adagio religioso, in dem sogar leidenschaftliche Momente hörbar werden. Ansonsten: alles sehr wohlgefällig.
Die zehn Sätze auf Texte von Luthers Übersetzung des Alten Testaments beginnen nach einer kurzen instrumentalen Einleitung mit dem machtvoll und überaus homogen angestimmten Chor „Alles was Odem hat“. Die Woehl-Orgel (wer hat sie eigentlich traktiert?) rauscht gewaltig auf, der Dirigent scheint wie verwandelt. Und plötzlich kommt Abwechslung und Spannung auf. Der Oratorienchor ist sich seines selbstfeiernden Auftrages wohl bewusst und lässt des Herren Lob aus blankgeputzten Kehlen klingen. Als schwächstes Glied in der Kette der Mitwirkenden erweisen sich leider die drei Sänger: ihnen fehlt’s schlichtweg an innerer Anteilnahme und gestalterischer Eindringlichkeit. Zwei von ihnen (Sopran I und Tenor) sind kurzfristig für erkrankte Kollegen eingesprungen. Das ist lobenswert, aber kein Freibrief für eine unkritische Bewertung ihrer Leistung.
Das Sopran(I)solo „Lobe den Herrn, meine Seele“ singt Katherina Müller mit metallisch gestählter, angerauter, wenig flexibler und kaum warmgetönter Stimme. Das Andante-Duett „Ich harrete des Herrn“ mit Andrea Chudak (Sopran II) und ihrer lieblicher klingenden Stimme wissen beide mit Innigkeit vorzutragen. Dennoch ist es kein „Blick in einen Himmel Raffaelischer Madonnenaugen“, wie Robert Schumann nach der Uraufführung 1840 in Leipzig schwärmte. Mit dem dramatischen Solo „Stricke des Todes hatten uns umfangen“ weiß Tenor Gerald Hupach wenig anzufangen. Er geht auf Nummer Sicher, vertraut seiner baritonal gefärbten, kraftvoll in die Höhe strebenden Stimme. Spitzentöne sitzen, jedoch bleibt Lyrisches farblos. Sein wenig angstvolles Flehen „Hüter, ist die Nacht bald hin?“ löst sich in sopranstrahlender Antwort: „Die Nacht ist vergangen“. Da jubeln Chor und Orgel, wühlt es im Orchester, klingt der Choral „Nun danket alle Gott“ ganz schlicht auf. In einer klangprächtig angestimmten Chorfuge endet das Ganze. Der Beifall entspricht dem Jubelanlass. Peter Buske
Peter Buske
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