Kultur: Wundersame Blüten
Heute und morgen Premiere beim Generationstheater Rollentausch
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Heute und morgen Premiere beim Generationstheater Rollentausch „Ich hab'' meine Tante geschlachtet!“ trällert der Kellner munter vor sich hin, eines seiner beliebten Küchenlieder, während er die Tafel für eine Trauergesellschaft deckt. Die erscheint in Gestalt einer Chorgemeinschaft, auch mit einem Lied auf den Lippen, einem Lieblingslied der Dahingeschiedenen, denn die nun verflossene Edeltraut war stets unverzichtbar als 2. Sopran. Dies wiederum bringt der schöne Papagei, ein Nachlass von Edeltraut, total durcheinander, wenn er unentwegt dazwischen kreischt: „Edeltraut, gib Küsschen!“ Und, was man nicht erahnen würde, gerade er ist es, der den Trauernden eine Zauberpforte öffnet, so dass sich die ganze Gesellschaft, nun maskiert, in eine Wunderwelt versetzt sieht, gekrönt von dem eigentlich ziemlich stämmigen Kellner, der jetzt mit Engelsflügeln durch die himmlische Pforte einherflattert, und als „Edeltraut 2“ erscheint! Alles mutet an wie ein Traum aus Freud''scher Tiefenpsychologie! Etwas makaber und dennoch liebenswert, total respektlos, meldet sich das Generationstheater Rollentausch der Akademie 2. Lebenshälfte zurück, mit seiner nunmehr vierten Premiere heute und morgen um 20 Uhr, auf dem Theaterschiff. Und wie immer war das ganze Ensemble an der Ideenfindung beteiligt, ob mit deftigen Sprüchen Werderscher Obstmucker, „lieblichen“ Reimen alter Poesiebücher oder einem plötzlich ausbrechendem Alltagszoff in der vorgeblich so harmonischen Gemeinschaft, bis hin zum erstaunlichen Sex-Appeal von „Aloe Vera“! Wie auch der wunderbunte, aufmüpfige Papagei mit aufwendiger Handarbeit entstand. Und wie immer brachte Johanna Lesch das Ganze in Form. Und wie immer sind die Akteure „blutige Laien“ zwischen 50 und knapp 80, die, einmal Blut geleckt, nicht mehr von den Brettern lassen können. Sie sind über Jahre hinweg nun schon eine verschworene Gemeinschaft: die Lehrerin Anna Katritzke, und die Pharmazieingenieurin Ute Schmidt, die Kinderkrankenschwester Ursula Homann, wie die Vermessungsingenieurin Jutta Marbach und die Veterinäringenieurin Irmgard Wolf, ganz zu schweigen vom einzigen Mann im Ensemble Christian Elßner, Transportarbeiter und vom einzigen Profi, Opernsängerin Helma Sage. Nicht zu vergessen die hilfreichen Geister hinter den Kulissen: Christa Nachtigall und Hildegard Pfau für die Kostüme, sowie Karin Hernmarck als Souffleuse, Marlies Oelgarten, Bernd Reimann für Technik und Organisation und natürlich der Mann am Klavier Günter Hempel. Sie überschreiben ihr Stück „Rosen, Tulpen, Nelken - alle Blumen welken!“ Auf der Bühne treiben sie aber erst mal wundersame Blüten. Rosemarie Hesse-Wallroth
Rosemarie Hesse-Wallroth
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