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Kultur: Wunderschöner Gesang unter rauer Klangoberfläche

Claudia Mende und Susanne Scholz mit frühbarocken Violinsonaten im Kammermusiksaal

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Was für eine Schärfe, was für ein rauer Ton. Es braucht schon etwas Zeit, um sich an den Klang dieser Instrumente zu gewöhnen. Auf den Kopien zweier frühbarocker Geigen aus dem norditalienischen Brescia spielten Susanne Scholz und Claudia Mende am Donnerstag im Kammermusiksaal Havelschlösschen. „Sonate Concertate“ war der Abend überschrieben, an dem sich die beiden Geigerinnen, begleitet von Zita Mikijanska auf der Truhenorgel und Tilman Muthesius auf der Bassgambe, weniger bekannten Werke von norditalienischen Komponisten wie Marco Uccellini und Biagio Marini, Tarquinio Merula, Giovanni Battista Fontana und Dario Castello widmeten. Im März vor drei Jahren war die Potsdamerin Claudia Mende zum ersten Mal im Konzert mit einer der frühbarocken Geigen zu erleben, solo und nur begleitet vom Lautenisten Andreas Arend. Nun hat sie sich den Wunsch erfüllt, ihre frühere Lehrerin Susanne Scholz, Professorin für Barockvioline und Kammermusik an die Hochschule für Musik und Theater Leipzig, gewinnen können, um die beiden Geigen zusammen erklingen zu lassen.

Es ist ein wunderschöner Gesang, der sich unter der scharfen und rauen Klangoberfläche dieser so selten zu hörenden Instrumente und in den Darmsaiten verbirgt. Ein Gesang, der den Ton kraftvoll und fast schon sehnig trägt, der die einfachen Melodien liebt und einen gewissen Zauber von Natur mit sich trägt. Denn wenn Susanne Scholz und Claudia Mende sich wie in „La Treccha à 2 Violini“ von Merula wechselseitig nur so zuwerfen, erinnert das an den Gesang von Vögeln. Ein feines Rufen, ein quirliges Hin und Her, mal gemeinsam einer Melodie folgend, dann sich gegenseitig übertrumpfen wollend, immer aber auf Harmonie, auf die Schönheit der Gemeinsamkeit bedacht. In diese Gemeinsamkeit legten Zita Mikijanska und Tilman Muthesius eine klare und fein akzentuierte Grundierung, von der sich Susanne Scholz und Claudia Mende in ihrem Spiel tragen und inspirieren ließen. So wurde dieser Abend trotz manch kleiner Unsauberkeiten und gelegentlicher Momente von darmsaitiger Kratzbürstigkeit zu einer reizvollen Genusstour in das musikalische Norditalien des frühen 17. Jahrhunderts. Dirk Becker

Dirk Becker

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