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Kultur: XXXL-Format

Musikfestspiele I: „Le Concert Spirituel“

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Welten liegen zwischen der Musik von Wolfgang Amadeus Mozart und der seiner französischen Zeitgenossen. Beim Konzert des französischen Ensembles „Le Concert Spirituel“ in der Friedenskirche konnte man dies durchaus nachvollziehen. Gegen seinen Willen hatte der 22-jährige Mozart auf Geheiß des Vaters in Paris nach Ruhm und Erfolg gesucht. Zuletzt war dort seine ihn begleitende Mutter gestorben. Im Grunde war Mozart mit den Parisern und ihrer Musik nicht warm geworden. „Was die Musique anbelangt, bin ich unter lauter Vieher und Bestien“, schrieb er.

Ein Eindruck, der – unter Berücksichtigung von Mozarts drastischer Sprache, mit gebührlichen Abstrichen – durch die Werke von Henri-Joseph Rigel, François-Joseph Gossec nur bestätigt wurde. Im damaligen Paris traten die Orchester bereits in einer riesigen Besetzung mit Klarinetten, Trompeten und Pauken auf. Rigels Symphonie D-Dur Nr. 7, Gossecs Symphonie F-Dur Nr. 2 sowie seine Suite de Danse de Sabinus erweisen sich aus heutiger Sicht als konventionell gebaute Unterhaltungsmusik voll Pomp und Pose. Auch die Ausführung durch das renommierte, auf Barockmusik spezialisierte Ensemble „Le Concert Spirituel“ unter der Leitung von Hervé Niquet entzieht sich nicht dem volkstümlich-derben Charme der Stücke – sondern setzt auf triumphierende Effekte, schnelle Tempi und oberflächliche Gestik. Die Streicher schleifen aufwärts und abwärts. Ob und wie die Bläser zu hören sind, erscheint Glückssache.

Dass XXXL-Format nicht zwangsläufig innere Substanz bedeutet, scheint Mozart gemerkt zu haben. Seine für ein Pariser „Concert Spirituel“ komponierte Symphonie Nr. 31 imitiert fast ironisch den grandiosen Tonfall, spielt mit dem Einsatz von Pauken und Trompeten, Forte und Piano, Takt und Tempo, bleibt aber nicht in hohlen Phrasen stecken – jeder Satz birgt eine Erzählung. Leider kostet die Interpretation die vorwitzigen Keckheiten und die plötzlichen Untiefen der Partitur nicht aus, sondern bevorzugt deftige Klangausbrüche. Eine weitere Facette prunkvoller Musik im französischen Gusto lieferten zwei Koloraturarien aus Opern von J. A. Hasse und Chr.-W. Gluck. Die junge Mezzosopranistin Sarah Jouffroy sang sie in Anbetracht des heftig agierenden Orchesters recht angenehm. B. Kaiserkern

B. Kaiserkern

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