Kultur: „Yeah, Yeah, Yeah!“
Das „Beatles-Fieber“ befällt den Nikolaisaal
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Das „Beatles-Fieber“ befällt den Nikolaisaal Beatles-Coverbands können sich einer andauernden Konjunktur erfreuen. Auch 35 Jahre nach Auflösung der „Fab Four“rühmen sich alle, von Musical bis Firmenfeier, die „authentischsten, besten und einfach originalsten“ Fast-Beatles für sich gewonnen zu haben. Im ausverkauften Nikolaisaal versuchten „The ReBeatles“ zusammen mit Moderator Matthias Sievert eine akustische Biografie von acht Jahren „Beatlemania“. Über die Beatles kann es doch eigentlich nichts mehr zu erzählen geben: seit ihrer Auflösung1970 wurde jedes Detail der Bandgeschichte beleuchtet. Gibt es dennoch Neues, Spannendes? Die als „nie zuvor gezeigte“ Ausschnitte der „Deutschen Wochenschau“ angekündigten Videoschnippsel sind nicht allzu spektakulär: Kreischende, Tränen überströmte Mädchen , kurz vor oder beim Nervenzusammenbruch, die Beatles, die, wohin sie kommen, ein Verkehrschaos verursachen und Auftritte, deren Musik im Geschreie der Fans unterzugehen scheint. Chronologisch arbeitet man sich vor. Jedes Jahr wird durch „The ReBeatles“ musikalisch wiederbelebt. Die „verblüffende Ähnlichkeit“, die „The ReBeatles“ für sich beanspruchen, stellt sich nur bei zweistelligen Dioptrinwerten im Minusbereich ein. Auch hat der McCartney-Ersatz hörbare Probleme, die stimmlichen Höhen zu erklimmen, in denen sich „Sir Paul“ zu Hause fühlt. Ansonsten achtet die Band auf Details: „Paul“ zupft den Hoefner-Bass, „Ringo“ grient hinter seinem Ludwig-Schlagzeug und so oft wie möglich werden die Pilzköpfe wild hin- und hergeworfen. Auch der britische Akzent wird (so gut es für Rheinländer eben geht) imitiert. Das überzeugt auch das Publikum: Es wird mitgeklatscht, gesungen und gejohlt. Das versprochene Beatles-Fieber breitet sich wie eine Epidemie im Saal aus. Über ergrauten Häuptern schwebt ein Hauch von lange nicht er- und ausgelebten Ungehorsam. Bei „Something“ lächeln sich Paare wissend an: „Unser Lied...“. „The ReBeatles“ verstehen es, lang schlummernde Gefühle zu wecken und das Publikum zu begeistern. Moderator und Verknüpfer der Jahresstränge ist der glänzende Matthias Sievert. Dieser Glanz wird ihm aber nur durch seinen goldenen Anzug verliehen. Sein Charme und Schwiegersohn-Image wirken aufgesetzt und seine Tanz- und Backgroundgesangs-Einlage bei „Hey Jude geht gar nicht. Das ist auch der Titel, mit dem sich die Band verabschiedet. In einer Endlosschleife werden die Mitsingqualitäten des Publikums getestet. Und die sind fabelhaft ausgeprägt. Mehrere Minuten schallt der Chor durch den Saal. „The ReBeatles verbeugen sich höflich und beenden die Zeitreise. Das Publikum wird wieder dreieinhalb Jahrzehnte in die Zukunft geworfen: in die Gegenwart. Christoph Henkel
Christoph Henkel
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