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Kultur: Zahme Löwen

Literaturbüro mit Lesungen ins zweite Halbjahr

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Es ist ein Haustier wider Willen. Und obwohl dieser Löwe nicht hinkt, muss man sofort an den heilige Hieronymus denken. Der hatte seinerzeit einem hinkenden Exemplar der Gattung Panthera leo, das frech und fröhlich ein paar Mönche zu erschrecken pflegte, einen Dorn aus der Pranken gezogen und das imposante Riesenkätzchen gesund gepflegt. Dem Löwen hat diese Zuwendung so gut gefallen, dass es ihn nicht mehr in die Wildnis zog und er stattdessen fortan ein treuer Gefährte von Hieronymus war. Albrecht Dürers bekannter Kupferstich „Der heilige Hieronymus im Gehäus“ zeigt diese traute Zweisamkeit von Raubtier und Mensch.

Ähnlich wie auf Dürers Kupferstich, wo Hieronymus an seinem Schreibpult arbeitet, während der Löwe schläfrig zu seinen Füßen ruht, müssen wir uns die Situation bei Herrn Blumenberg vorstellen. Denn eines Nachts liegt im Arbeitszimmer des Philosophen Hans Blumenberg ein Löwe. „Die Glieder bequem auf dem Bucharateppich ausgestreckt, die Augen ruhig auf den Hausherrn gerichtet.“ Verständlich, dass Herr Blumenberg schwer um Fassung ringt und sich nur langsam an sein neues Haustier gewöhnt, das zum ständigen Begleiter wird. Und das nur er allein sieht.

Schlicht „Blumenberg“ hat die in Berlin lebende Schriftstellerin Sybille Lewitscharoff ihren Roman genannt, in dem sie Philosoph und Löwe aufeinander loslässt und den sie am 27. November in Potsdam vorstellen wird. Neben der Hommage auf den großen Hans Blumenberg „ist es ein Roman voll mitreißendem Sprachwitz, ein Roman über einen hochsympathischen Weltbenenner, dem das Unbenennbare in Gestalt eines umgänglichen Löwen begegnet“, wie in der Ankündigung des Suhrkamp-Verlags zu lesen ist. Und obwohl „Blumenberg“ erst Anfang September auf dem Buchmarkt erscheint, zählt es schon jetzt zu den Veröffentlichungen, die der Buchliebhaber im Auge behalten sollte.

Das Team des Brandenburgischen Literaturbüros mit Sitz in der Villa Quandt muss schon sehr früh gewusst haben, dass mit „Blumenberg“ im kommenden Bücherherbst zu rechnen ist, als die Wahl auf Sibylle Lewitscharoff neben acht weiteren Autoren für das Veranstaltungsprogramm „08/11 bis 12/11“ fiel. In dieser Hinsicht ist auf Katarzyna Kaminska, Hendrik Röder und Peter Walther wie schon in den Jahren zuvor Verlass. Genau wie bei der durchweg hochkarätigen Besetzung der Veranstaltungsprogramme. So werden unter anderem neben Sibylle Lewitscharoff der Historiker Peter Longerich am 18. September erwartet, der seine Biografie von „Joseph Goebbels – Hitlers Einpeitscher“ vorstellt, Matthias Matussek, der am 1. September über „Das katholische Abenteuer“ berichtet und Clemens J. Setz, der im Frühjahr den Preis der Leipziger Buchmesse erhielt und in Potsdam am 4. November aus seinem Erzählband „Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes“ lesen wird.

Den Auftakt der literarischen Höhepunkte im zweiten Halbjahr gestaltet der in Potsdam lebende Schriftsteller und Dramaturg John von Düffel. Vor allem bekannt in der Stadt durch seine von Tobias Wellemeyer erfolgreich inszenierte dramaturgische Fassung des Tellkamp-Romans „Der Turm“, stellt John von Düffel am Sonntag, dem 21. August, seinen neuen Roman „Goethe ruft an. Über die Jagd nach dem Erfolg“ in der Villa Quandt vor. Dirk Becker

Weitere Informationen unter

www.literaturlandschaft.de

Dirk Becker

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