
© promo
Kultur: Zauberhaft
Sinfoniekonzert mit Iskandar Widjaja
Stand:
Bekanntlich wohnt ja jedem Anfang ein Zauber inne, wie einst Herrmann Hesse schrieb. Das erste Sinfoniekonzert der Saison im Nikolaisaal konnte diesen hübschen Vers jedenfalls bestätigen. Unter der Leitung von Howard Griffiths verbreitete das Brandenburgische Staatsorchester mit der 2. Symphonie von Johannes Brahms bewegende Aufbruchsstimmung in Reinkultur. Dazu erklang im ersten Teil Ludwig van Beethovens nicht eben einfaches Violinkonzert, gespielt von dem jungen, vielversprechenden Solisten Iskandar Widjaja.
Der in Berlin geborene Sohn indonesischer Eltern kommt nicht im Anzug, sondern lässig nur mit Hose und Hemd bekleidet auf die Bühne, was ihn noch schmaler aussehen lässt, als er ohnehin ist. In Indonesien ist Widjaja schon ein Popstar und nicht zuletzt durch einen Werbespot für Kaffee weit bekannt geworden. Eine Neigung zu Pop und Jazz manifestiert sich auch in seiner ersten CD mit dem Titel „Bach’n’Blues“. Nun also Beethovens Violinkonzert, das Monument der Hochklassik, was bereits den Zeitgenossen Kopfzerbrechen bereitet hat. Eine gewisse Nervosität ist auch im ersten, leicht wackligen Einsatz beim jungen Geiger spürbar. Und Beethoven macht es dem Solisten ja auch nicht einfach mit den langen Trillerketten, Läufen und Figurationen, die das gewichtige symphonische Material mehr umspielen denn vorführen dürfen. Dort einen eigenen, ausdrucksvollen Weg zu finden fällt Widjaja trotz stupender Technik und klanglicher Brillanz nicht leicht. Einheitlicher klingen die Variationen des meditativen zweiten Satzes mit gut aufgelegten Holzbläsern und wolkenweichen Streichern, besonders duftig bei der Pizzicato-Episode. Das attaca einsetzende Finale liegt dem temperamentvollen, rhythmisch betonten Spiel von Widjaja am besten. Sein meisterhaftes, mehrstimmiges Akkordspiel kommt in den extravaganten Kadenzen von Fritz Kreisler zum Vorschein. Erst nach zwei Zugaben, „Obsession“ von Eugène Ysaye und einem chinesischen Volkslied, verabschiedet sich der fabelhafte Solist im Jubel des Publikums.
Nach den großen Mühen der 1. Symphonie gelang Johannes Brahms mit der 2. ein reich fließendes Gegenstück. Das Brandenburgische Staatsorchester wirft sich mit Verve in die Tonfluten, lässt die Celli melancholisch brausen, Hörner und Holzbläser erblühen, Blechbläser düster rufen. Auf den dunklen, melodiösen Strom des Adagios folgt das Allegretto in freundlich-beschwingtem Tonfall. Erst beim energisch-spannungsreichen vierten Satz schwächeln die Einsätze manchmal, lässt die Konzentration wohl etwas nach. Zum Finale gibt es begeisterte Ovationen für einen verheißungsvollen Start der Sinfoniekonzertsaison im Nikolaisaal. Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: